Der Werbeblocker AdBlock Plus verstößt nicht gegen das Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb…
Der Bundesgerichtshof hat mit Urteil vom 19.04.2018 entschieden, dass das Angebot des Werbeblockers AdBlock Plus nicht wettbewersbwidrig ist.
Es liege mangels einer sog. „Verdrängungsabsicht“ keine gezielte Behinderung im Sinne des § 4 Nr. 4 UWG vor. Die Beklagte verfolge in erster Linie die Beförderung ihres eigenen Wettbewerbs. Die Beklagte wirke mit dem Angebot des Programms auch nicht unmittelbar auf die von der Klägerin angebotenen Dienstleistungen ein, da der Einsatz des Programms in der autonomen Entscheidung der Internetnutzer liege. Die lediglich mittelbare Beeinträchtigung des Angebots der Klägerin sei nicht unlauter. Die klagenden Verlage hätten es in selber in der Hand technische Schutzvorkehrungen – etwa die Aussperrung von Nutzern mit einem eingeschalteten AdBlocker – zu schaffen, welche das Programm dann auch nicht unterlaufen dürfe. Nach Ansicht der Bundesgerichtshof liege auch keine „allgemeine Marktbehinderung“ vor, weil keine Anhaltspunkte dafür vorlägen, dass das Geschäftsmodell des Anbieters kostenlose Inhalte im Internet zerstöre.
Das Angebot des Werbeblockers stelle auch keine „aggressive geschäftliche Handlung“ gemäß § 4a UWG gegenüber Unternehmen dar, die an der Schaltung von Werbung auf den Internetseiten der klagenden Verlage interessiert seien. Es fehle an einer unzulässigen Beeinflussung dieser Marktteilnehmer.
Im Ergebnis wurde die Klage des Verlags daher abgewiesen.
Die Pressemitteilung des BGH vom 19.04.2018 im Volltext:
Bundesgerichtshof: Angebot des Werbeblockers AdBlock Plus nicht unlauter
Urteil vom 19. April 2018 – I ZR 154/16
Der u.a. für das Wettbewerbsrecht zuständige I. Zivilsenat hat heute entschieden, dass das Angebot des Werbeblockerprogramms AdBlock Plus nicht gegen das Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb verstößt.
Die Klägerin, ein Verlag, stellt ihre redaktionellen Inhalte auch auf ihren Internetseiten zur Verfügung. Dieses Angebot finanziert sie durch Werbung, also mit dem Entgelt, das sie von anderen Unternehmen für die Veröffentlichung von Werbung auf diesen Internetseiten erhält.
Die Beklagte vertreibt das Computerprogramm AdBlock Plus, mit dem Werbung auf Internetseiten unterdrückt werden kann. Werbung, die von den Filterregeln erfasst wird, die in einer sogenannten Blacklist enthalten sind, wird automatisch blockiert. Die Beklagte bietet Unternehmen die Möglichkeit, ihre Werbung von dieser Blockade durch Aufnahme in eine sogenannte Whitelist ausnehmen zu lassen. Voraussetzung hierfür ist, dass diese Werbung die von der Beklagten gestellten Anforderungen an eine „akzeptable Werbung“ erfüllt und die Unternehmen die Beklagte am Umsatz beteiligen. Bei kleineren und mittleren Unternehmen verlangt die Beklagte für die Ausnahme von der automatischen Blockade nach eigenen Angaben keine Umsatzbeteiligung.
Die Klägerin hält den Vertrieb des Werbeblockers durch die Beklagte für wettbewerbswidrig. Sie hat beantragt, die Beklagte und ihre Geschäftsführer zu verurteilen, es zu unterlassen, ein Computerprogramm anzubieten, das Werbeinhalte auf näher bezeichneten Webseiten unterdrückt. Hilfsweise hat sie das Verbot beantragt, ein solches Computerprogramm anzubieten, wenn und soweit Werbung nur nach von der Beklagten vorgegebenen Kriterien und gegen Zahlung eines Entgelts der Klägerin nicht unterdrückt wird.
In erster Instanz hatte die Klage keinen Erfolg. Das Berufungsgericht hat das mit dem Hilfsantrag begehrte Verbot erlassen. Im Übrigen hat es die Klage abgewiesen. Der Bundesgerichtshof hat auf die Revision der Beklagten das Berufungsurteil aufgehoben und die Klage auch hinsichtlich des Hilfsantrags abgewiesen.
Das Angebot des Werbeblockers stellt keine gezielte Behinderung im Sinne des § 4 Nr. 4 UWG dar. Eine Verdrängungsabsicht liegt nicht vor. Die Beklagte verfolgt in erster Linie die Beförderung ihres eigenen Wettbewerbs. Sie erzielt Einnahmen, indem sie gegen Entgelt die Möglichkeit der Freischaltung von Werbung durch die Aufnahme in die Whitelist eröffnet. Das Geschäftsmodell der Beklagten setzt demnach die Funktionsfähigkeit der Internetseiten der Klägerin voraus.
Die Beklagte wirkt mit dem Angebot des Programms nicht unmittelbar auf die von der Klägerin angebotenen Dienstleistungen ein. Der Einsatz des Programms liegt in der autonomen Entscheidung der Internetnutzer. Die mittelbare Beeinträchtigung des Angebots der Klägerin ist nicht unlauter. Das Programm unterläuft keine gegen Werbeblocker gerichteten Schutzvorkehrungen des Internetangebots der Klägerin. Auch die Abwägung der Interessen der Betroffenen führt nicht zu dem Ergebnis, dass eine unlautere Behinderung der Klägerin vorliegt. Der Klägerin ist auch mit Blick auf das Grundrecht der Pressefreiheit zumutbar, den vom Einsatz des Programms ausgehenden Beeinträchtigung zu begegnen, indem sie die ihr möglichen Abwehrmaßnahmen ergreift. Dazu gehört etwa das Aussperren von Nutzern, die nicht bereit sind, auf den Einsatz des Werbeblockers zu verzichten.
Es liegt auch keine allgemeine Marktbehinderung vor, weil keine hinreichenden Anhaltspunkte dafür bestehen, dass das Geschäftsmodell der Bereitstellung kostenloser Inhalte im Internet zerstört wird.
Das Angebot des Werbeblockers stellt auch – anders als das Berufungsgericht angenommen hat – keine aggressive geschäftliche Handlung gemäß § 4a UWG gegenüber Unternehmen dar, die an der Schaltung von Werbung auf den Internetseiten der Klägerin interessiert sind. Es fehlt an einer unzulässigen Beeinflussung dieser Marktteilnehmer, weil die Beklagte eine ihr durch das technische Mittel des Werbeblockers etwaig zukommende Machtposition jedenfalls nicht in einer Weise ausnutzt, die die Fähigkeit der Marktteilnehmer zu einer informierten Entscheidung wesentlich einschränkt.
Vorinstanzen:
LG Köln – Urteil vom 29. September 2015 – 33 O 132/14
OLG Köln – Urteil vom 24. Juni 2016 – 6 U 149/15 (GRUR 2016, 1089)
Die maßgeblichen Vorschriften lauten:
§ 4 Nr. 4 UWG
Unlauter handelt, wer Mitbewerber gezielt behindert.
§ 4a UWG
(1) Unlauter handelt, wer eine aggressive geschäftliche Handlung vornimmt, die geeignet ist, den Verbraucher oder sonstigen Marktteilnehmer zu einer geschäftlichen Entscheidung zu veranlassen, die dieser andernfalls nicht getroffen hätte. Eine geschäftliche Handlung ist aggressiv, wenn sie im konkreten Fall unter Berücksichtigung aller Umstände geeignet ist, die Entscheidungsfreiheit des Verbrauchers oder sonstigen Marktteilnehmers erheblich zu beeinträchtigten durch
1. Belästigung,
2. Nötigung einschließlich der Anwendung körperlicher Gewalt,
3. unzulässige Beeinflussung.
Eine unzulässige Beeinflussung liegt vor, wenn der Unternehmer eine Machtposition gegenüber dem Verbraucher oder sonstigen Marktteilnehmer zur Ausübung von Druck, auch ohne Anwendung oder Androhung von körperlicher Gewalt, in einer Weise ausnutzt, die Fähigkeit des Verbrauchers oder sonstigen Marktteilnehmers zu einer informierten Entscheidung wesentlich beeinträchtigt.
(2) Bei der Feststellung, ob eine geschäftliche Handlung aggressiv im Sinne des Absatzes 1 Satz 2 ist, ist abzustellen auf
1.Zeitpunkt, Ort, Art oder Dauer der Handlung;
2.die Verwendung drohender oder beleidigender Formulierungen oder Verhaltensweisen;
3.die bewusste Ausnutzung von konkreten Unglückssituationen oder Umständen von solcher Schwere, dass sie das Urteilsvermögen des Verbrauchers oder sonstigen Marktteilnehmers beeinträchtigen, um dessen Entscheidung zu beeinflussen;
4.belastende oder unverhältnismäßige Hindernisse nichtvertraglicher Art, mit denen der Unternehmer den Verbraucher oder sonstigen Marktteilnehmer an der Ausübung seiner vertraglichen Rechte zu hindern versucht, wozu auch das Recht gehört, den Vertrag zu kündigen oder zu einer anderen Ware oder Dienstleistung oder einem anderen Unternehmer zu wechseln (…)
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