OLG Hamburg: Kein Beweisverwertungsverbot hinsichtlich der durch die in der Schweiz ansässigen Firma Logistep ermittelten IP-Adressen in P2P-Verfahren…
Die Klägerin ist ein Softwareunternehmen mit Sitz in Berlin. Die Klägerin wirft dem Beklagten vor, ein von ihr selbst entwickeltes Computerspiel kurz nach dessen Markteinführung über ein P2P-Netzwerk heruntergeladen und zum Download für Dritte bereitgehalten zu haben.
Im vorliegenden Prozesskostenhilfeverfahren wies das OLG Hamburg eine Beschwerde des Beklagten gegen die Zurückweisung seines Prozesskostenhilfeantrags zurück. Das Gericht vertrat die Ansicht, aufgrund des Vortrags des Beklagten bestünden keinerlei Erfolgsaussichten für den Beklagten den Prozess zu gewinnen. In diesem Fall ist Prozesskostenhilfe gemäß § 114 ZPO zu versagen.
Im Wesentlichen begründete das Gericht seine Entscheidung wie folgt:
„Der Beklagte haftet als Täter wegen der von ihm begangenen Urheberrechtsverletzungen nach § 97 UrhG. Die von ihm erhobenen Einwände gegen das Vorliegen einer Rechtsverletzung und das Berufen auf ein Beweiserhebungsverbot greifen nicht durch.“
Tatsächliche Vermutung der Täterschaft aufgrund der vorgelegten Beweismittel…
„Die Klägerin hat einen Sachverhalt dargelegt, nach dem über eine dem Beklagten am 30.03., 31.03. und 01.04.2009 zugeordnete IP-Adresse ein von der Klägerin entwickeltes Computerspiel im Internet für Dritte zum Herunterladen bereit gehalten wurde. Nach diesem Sachverhalt besteht eine tatsächliche Vermutung dafür, dass die behauptete Rechtsverletzung durch den Anschlussinhaber – hier den Beklagten- begangen wurde (BGH NJW 2010, 2061, Tz. 12 – Sommer unseres Lebens). Das einfache Bestreiten des Beklagten, eine derartige Rechtsverletzung nicht begangen zu haben, reicht demgegenüber nicht aus, die Vermutung für die dargelegte Rechtsverletzung zu erschüttern. Die Klägerin ist nicht verpflichtet, eine vollständige Version der von ihr gesicherten Daten – wie vom Beklagten in der vorprozessualen Korrespondenz gefordert – vorzulegen. Der Nachweis, dass unter einer der dem Beklagten zugewiesenen IP-Adresse das geschützte Werk der Klägerin öffentlich zugänglich gemacht wurde, kann – wie hier geschehen – auch über die Benennung eines bestimmten Hash-Wertes erfolgen. Der sog. Hashwert erlaubt eine eindeutige Identifizierung eines ins Internet gestellten Werkes, wie der für Urheberrechtsverletzungen zuständige Senat aus der Befassung mit zahlreichen vergleichbaren Rechtsstreitigkeiten weiß. Jedenfalls spricht auch die vom Beklagten vorprozessual abgegebene Erklärung, es könne sich ein „Datenfragment“ des streitgegenständlichen Spiels auf seinem Computer befunden haben, für die von der Klägerin behauptete Urheberrechtsverletzung. Soweit der Prozessbevollmächtigte des Beklagten diese Erklärung aufgrund deren Abfassung im Modus des Konjunktiv nur als eine Vermutung des Beklagten wertet und nicht als Indiz für dessen Täterschaft, überzeugt diese Würdigung aufgrund der oben angeführten anderen Umstände (dreimalige Zuordnung einer IP-Adresse zum Beklagten) nicht. Jedenfalls wäre von dem Beklagten, der über umfangreiche berufliche Erfahrungen im Bereich der Informationstechnik verfügt (vgl. Darstellung in seinem Xing-Profil = Anl. K 12), zu erwarten gewesen, dass er zu seiner Rechtsverteidigung konkretere Angaben macht als seine Täterschaft lediglich pauschal in Abrede zu stellen.“
Kein Beweisverwertungsverbot der durch die Schweizer Firma „L…“ ermittelten Daten…
„Auch das Vorliegen eines Beweisverwertungsverbotes sieht der Senat trotz der Ermittlungstätigkeit der in der Schweiz ansässigen Firma L… hier als nicht gegeben an. Der BGH hatte nach den Gründen seiner oben zitierten Entscheidung vom 12.05.2010 keinen Anlass gesehen, sich mit einem etwaig vorliegenden Beweisverwertungsverbot auseinander zu setzen, obwohl die Firma L… auch bei dem dieser Entscheidung zugrunde liegenden Sachverhalt den Inanspruchgenommenen ermittelt hat. Auch für den hier angerufenen Senat bestehen keine Anhaltspunkte dafür, dass ein Beweisverwertungsverbot vorliegen könnte, nur weil zwischenzeitlich ein Schweizerisches Bundesgericht die Tätigkeit des Dienstleisters L… nach dortigem Recht als datenschutzrechtswidrig beurteilt hat. Für die rechtliche Bewertung, ob ein Beweisverwertungsverbot hinsichtlich der durch die Firma L… ermittelten IP-Adressen vorliegt, ist alleine auf inländisches Recht abzustellen (BGH, GA 1976, 218; Sieber: Ermittlungen in Sachen Liechtenstein, in: NJW 2008,881). Dass das Ermitteln der IP-Adressen nach deutschem Datenschutzrecht rechtswidrig sein könnte, ist nicht ersichtlich, da bei den ermittelten IP-Adressen ein Personenbezug mit normalen Mitteln ohne weitere Zusatzinformationen nicht hergestellt werden kann. Der Personenbezug wird erst durch die seitens der Staatsanwaltschaft nach §§ 161 Abs. 1 S. 1 und 163 StPO angeforderte oder gem. § 101 Abs. 9 UrhG gerichtlich angeordnete Auskunft des Providers ermöglicht. Das Erteilen derartiger Auskünfte hat der BGH in der vorerwähnten Entscheidung „Sommer unseres Lebens“ (dort. Tz. 29) ausdrücklich als rechtmäßig angesehen.“
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