Das Landgericht Coburg hat die Klage eines Handwerksbetriebs auf Zahlung der vereinbarten Vergütung für Arbeiten an einer Heizunganlage abgewiesen, da der Kläger den Vertrag wirksam widerrufen hatte. Auch Wertersatz für die bis zum Widerruf erbrachten Leistungen schuldet der den Vertrag widerrufende Verbraucher mangels ordnungsgemäßer Widerrufsbelehrung nicht, d.h. der Handwerksbetrieb bekam im vorliegenden Fall die durchgeführten Arbeiten für die bis zum Widerruf erbrachten Leistungen nicht vergütet.
Auch Handwerksbetriebe müssen gegebenenfalls ein Widerrufsrecht einräumen…
Handwerksbetriebe müssen gemäß § 312g BGB Verbrauchern bei Fernabsatzverträgen und auch bei Verträgen, welche außerhalb geschlossener Geschäftsräume abgeschlossen werden, ein Widerrufsrecht einräumen und über dieses Widerrufsrecht ordnungsgemäß belehren.
Im vorliegenden Fall war ein Vertrag außerhalb geschlossener Geschäftsräume, nämlich am Wohnanwesen des Verbrauchers anlässlich von vorhergehenden Instandhaltungsarbeiten an der Ölheizung, abgeschlossen worden. Wird ein Vertrag außerhalb geschlossener Geschäftsräume, z.B. in der Wohnung des Verbrauchers zwischen einem Unternehmer und einem Verbraucher abgeschlossen, kann der Verbraucher demnach den Vertrag ohne Angabe von Gründen widerrufen.
Eine Verpflichtung für den Verbraucher die bis zum Widerruf erbrachten Leistungen zu bezahlen (sogenannte „Wertersatzverpflichtung„), besteht jedoch nur dann, wenn der Handwerksbetrieb den Verbraucher nach Artikel 246a § 1 Absatz 2 Satz 1 Nummer 1 und 3 des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuche ordnungsgemäß über das Widerrufsrecht samt Wertersatzverpflichtung im Falle des Widerrufs belehrt (vgl. § 357 Absatz 8 Satz 2 BGB).
Im hier entschiedenen Fall kannte der Handwerksbetrieb die vorstehend beschriebene Rechtslage offenbar nicht und unterließ es daher den Verbraucher ordnungsgemäß über das Widerrufsrecht und über eine Wertersatzverpflichtung im Falle des Widerrufs zu belehren. Folge der unterlassenen Belehrung über das Widerrufsrecht war, dass der Verbraucher den Vertrag 12 Monate und 14 Tage widerrufen konnte (vgl. § 356 Absatz 3 Satz 2 BGB) und auch keinen Wertersatz für die bis zum Widerruf erbrachten Leistungen zahlen muss.
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Die Pressemitteilung des LG Coburg vom 22.02.2019 im Volltext:
Widerrufsrecht bei Werkvertrag
Zu den Voraussetzungen des Widerrufs eines Werkvertrages
Das Landgericht Coburg wies die Klage eines Werkunternehmers auf Zahlung seiner Vergütung ab, weil der Auftraggeber einen möglichen Vertrag jedenfalls wirksam widerrufen hatte.
Nach einer Betankung der Ölheizung des Beklagten war es dort zu einem Ölaustritt gekommen. Daraufhin erschienen Mitarbeiter der nun klagenden Installationsfirma.
Sie machten dem Beklagten dabei auch verschiedene Angebote zur Umstellung der Heizung von Öl auf Gas und übergaben hierzu mehrere Kostenvoranschläge. Einige Tage später führten die Monteure der Klägerin im Anwesen des Beklagten Arbeiten an der bestehenden Heizungsanlage durch, wurden dann jedoch angewiesen, die Arbeiten einzustellen. Wiederum einige Wochen später widerrief der Beklagte gegenüber der Klägerin einen etwa erteilten Auftrag. Die Klägerin behauptete nun im Prozess vor dem Landgericht Coburg, ihr sei ein verbindlicher Auftrag zur Umstellung der Heizung des Beklagten erteilt worden und verlangt deshalb Zahlung ihres Werklohns. Der Beklagte streitet jegliche Auftragserteilung ab und beruft sich außerdem auf den erfolgten Widerruf eines etwaigen Vertrages.
Das Landgericht Coburg wies die Klage der Installationsfirma ab, weil ein möglicherweise geschlossener Vertrag vom Beklagten jedenfalls wirksam widerrufen wurde.
In seiner Entscheidung setzte sich das Gericht im Einzelnen mit den Voraussetzungen für den Widerruf eines Werkvertrages auseinander. Ein solches Widerrufsrecht stand dem Beklagten deshalb zu, weil der fragliche Vertrag zwischen dem Beklagten als Privatperson (Verbraucher) und der Klägerin als einer Unternehmerin außerhalb von Geschäftsräumen geschlossen worden wäre, nämlich im Wohnanwesen des Beklagten. Dabei kam es auch nicht darauf an, ob der Beklagte die Installationsfirma zu sich bestellt hatte oder ob er im Gespräch „überrumpelt“ worden war.
Auch die von der Klägerin bemühten Ausnahmeregelungen, nach denen ein Widerrufsrecht in einzelnen Fällen nicht besteht, ließ das Gericht nicht gelten. Selbst dievon der Klägerin schon durchgeführten Arbeiten hinderten den Erfolg des später erklärten Widerrufs nicht. Vielmehr ist es danach dem Unternehmer bei Verträgen wie dem hier behaupteten zuzumuten, zunächst das Ende der Widerrufsfrist abzuwarten und erst dann mit seinen Arbeiten zu beginnen. Zwar gilt das nicht für dringende Reparatur- oder Instandhaltungsarbeiten, die auf ausdrücklichen Wunsch des Verbrauchers durchgeführt werden. Jedoch half auch dieser Gedanke der Klägerin nicht weiter. Hier ging es ja nicht mehr um die Arbeiten zur Beseitigung des Ölaustritts, sondern um eine davon unabhängige Umstellung der gesamten Heizungsanlage von Öl auf Gas. Die Klägerin hatte es schließlich weiter versäumt, ihren potentiellen Kunden ordnungsgemäß über sein Widerrufsrecht zu belehren. Deshalb begann die Widerrufsfrist von 14 Tagen nicht zu laufen. Stattdessen blieb dem Beklagten sogar 1 Jahr und 14 Tage Zeit, den Widerruf zu erklären.
Damit war sein Widerruf wirksam und der Beklagte schuldete der Klägerin keinen Lohn. Auch ein Anspruch auf Wertersatz für die schon geleisteten Arbeiten steht der Klägerin schon allein deshalb nicht zu, weil der Beklagte diese Arbeiten nicht ausdrücklich vor Ablauf der Widerrufsfrist verlangt hatte.
Die Entscheidung des Landgerichts zeigt, dass unabhängig von der Größe eines Unternehmens die Auseinandersetzung mit wichtigen gesetzlichen Regelungen wie beispielsweise denjenigen zum Widerrufsrecht sinnvoll erscheint, will der Unternehmer nicht nach getaner Arbeit auf seinen Forderungen sitzenbleiben.
(Landgericht Coburg, Urteil vom 09.08.2018, Aktenzeichen 21 O 175/18; rechtskräftig)