LG Bochum: Unwirksame AGB-Klauseln sind abmahnfähig…
Das LG Bochum hat mit Urteil vom 22.03.2006 (Az. 13 O 128/05) entschieden, dass unwirksame Klauseln in AGB abmahnfähig sind. Das Gericht begründet seine Entscheidung im Wesentlichen wie folgt:
„Die Verwendung der unwirksamen AGB, die die Verbraucher in unzulässiger Weise benachteiligen, ist geeignet, den Wettbewerb zum Nachteil der Mitbewerber und der Verbraucher nicht nur unerheblich zu beeinträchtigen. Durch die AGB können die Kunden des Beklagten davon abgehalten werden, berechtigte Ansprüche geltend zu machen. Aus Laiensicht schließen die AGB die Haftung des Beklagten eindeutig aus, obwohl gesetzliche Ansprüche bestehen. Die potentielle Abschreckwirkung auf Kunden, ihre berechtigten Ansprüche geltend zu machen, bedeutet für den Beklagten einen Wettbewerbsvorteil, da er in seiner Kalkulation niedrigere Kosten für berechtigte Reklamationen berücksichtigen muss. Dies kann sich zum Nachteil der Mitbewerber auf die Preisgestaltung auswirken.“
Den Einwand des Beklagten, die Abmahnung sei aus reinem Gebühreninteresse und damit rechtsmissbräuchlich erfolgt, lies das Gericht nicht gelten:
„Der Einwand des Beklagten, die Abmahnung sei nur ausgesprochen worden, um einen Gebührentatbestand für den Prozessbevollmächtigten des Klägers zu erzeugen, greift nicht durch. Allein der Umstand, dass der Kläger bislang keine Zahlungen an seinen Prozessbevollmächtigten geleistet hat und dieser die Gerichtskosten eingezahlt hat, erlaubt einen derartigen Schluss nicht. Ebenso wenig ist die Verwendung einer zum Teil vorgedruckten und zum Teil weitergefassten Vollmacht als Indiz für eine derartige nur aus Kostengesichtspunkten erfolgte Abmahnung heranzuziehen. Weitere Indizien werden nicht vorgetragen.“
Folgende Klauseln wurden erfolgreich abgemahnt:
„Nimmt der Käufter die verkaufte Ware nicht ab, so sind wir berechtigt, wahlweise auf Abnahme zu bestehen oder 10 % des Kaufpreises als pauschalisierten Schaden- und Aufwendungsersatz zu verlangen.“
Diese Klausel verstoße gegen § 309Ziff. 5 b BGB, weil sie dem Vertragspartner nicht ausdrücklich das Recht einräume, den Nachweis eines geringeren Schadens zu erbringen.
„Sämtliche von der Fa. E-Computer gelieferte Ware bleibt bis zur vollständigen Bezahlung und Ausgleich sämtlicher Ansprüche aus der Geschäftsverbindungen Eigentum der Fa. E-Computer.“
sowie
„In der Zurücknahme, sowie in der Pfändung der Vorbehaltssache, liegt kein Rücktritt vom Vertrag.“
Diese AGB verstoße gegen §§ 307 ff. Abs. 2 Nr. 2 BGB und § 449 Abs. 2 BGB, weil der Kontokorrentvorbehalt gegenüber Verbrauchern unzulässig sei (vgl. Palandt, BGB, 65. Aufl., § 307 Rdn.99) und weil die Voraussetzungen der §§ 323 f. für das Herausverlangen der Ware vorliegen müssten (vgl. Palandt, § 449 Rdn. 26).
„Gebrauchte Ware wird unter Ausschluss jedweder Gewährleistung verkauft.“
Diese Regelung verstoße gegen § 475 Abs. 2 BGB, weil die Verjährung ausgeschlossen werde.
„Wenn Sie uns Mängel an gelieferter Ware belegen, werden wir in angemessener Zeit entweder für Ersatzlieferung oder Beseitigung der Mängel sorgen. Gelingt uns dies nicht, haben Sie nach Ihrer Wahl das Recht auf Rückgängigmachung des Kaufs oder Herabsetzung des Kaufpreises.“
Diese Klausel verstoße gegen § 439 Abs. 1 BGB und sei daher gem. § 475 Abs. 1 BGB bei Verträgen mit Verbrauchern unwirksam.
„Offensichtliche Mängel sind unverzüglich nach Empfang der Lieferung schriftlich anzuzeigen,“
Diese AGB verstoße gegen § 307 BGB. Zwar sei für offensichtliche Mängel eine Ausschlussfrist für Mängelanzeigen möglich, doch dürfe diese nicht unter 14 Tage bzw. keinesfalls unter 1 Woche liegen (vgl. Palandt, 309 Rdn. 71 f.).
„Soweit nicht anders ausdrücklich vereinbart, sind weitergehende Ansprüche des Käufers – gleich aus welchem Rechtsgrund – ausgeschlossen.“
Diese Klausel verstoße schließlich gegen § 309 Nr. 7 a BGB, weil bei der Verletzung von Leben, Körper und Gesundheit die Haftung auch für leichte Fahrlässigkeit nicht ausgeschlossen werden könne.
Das Gericht hielt im vorliegenden Fall einen Streitwert in Höhe von 25.000,00 € für die Verwendung von 7 unwirksamen Klauseln für angemessen, wodurch sich Anwaltkosten für die Abmahnung in Höhe von 911,80 € ergeben.
„Nach ständiger Rechtsprechung der Kammern für Handelssachen des Landgerichts Bochum ist bei einer durchschnittlichen wettbewerbsrechtlichen Streitigkeit von einem Gegenstandswert von 10.000,00 EUR für das einstweilige Verfügungsverfahren und von 15.000,00 EUR für das Hauptsacheverfahren auszugehen. Im vorliegenden Fall ist allerdings zu berücksichtigen, dass der Kläger Verstöße von 7 AGB-Klauseln gegen zwingende Bestimmungen abgemahnt hat. Angesichts dessen hält das Gericht die Bemessung des Streitwerts auf 25.000,00 EUR für angemessen. Unter Zugrundelegung dieses Streitwerts und einer Mittelgebühr von 1,3 ergibt sich somit ein Kostenerstattungsanspruch einschließlich einer Auslagenpauschale in Höhe von insgesamt 911,80 EUR.“
Fazit: Jedem Internethändler bzw. jedem Betreiber eines geschäftsmäßigen Internetdienstes kann nur dringend davon abgeraten werden, die AGB bei der Konkurrenz bzw. im Internet abzuschreiben. Diese Entscheidung macht wieder einmal deutlich, dass ein solches Vorgehen äußerst fahrlässig ist und ärgerliche Abmahnungen zur Folge haben kann.
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