File-Sharing: 2 Landgerichte verweigern betroffenen Rechteinhabern Akteneinsicht im (strafrechtlichen) Ermittlungsverfahren.
Im ersten Fall hat das LG Saarbrücken mit Beschluss vom 28.01.2008 (Az.: 5 (3) Qs 349/07) entschieden, dass der Musikindustrie im Rahmen eines strafrechtlichen Ermittlungsverfahrens wegen Filesharing die beantragte Akteneinsicht zu versagen ist, wenn…
„…überwiegende schutzwürdige Interessen der beschuldigten Person entgegenstehen, d.h. wenn deren Interesse an der Geheimhaltung ihrer in den Akten enthaltenen persönlichem Daten größer ist als das berechtigte Interesse des Geschädigten, den Akteninhalt kennen zu lernen.“
So liege der Fall auch hier, denn:
„…aus dem Umstand, dass eine bestimmte IP-Nummer einer bestimmten Person zugeordnet werden kann, folgt noch nicht, dass diese Person auch zu der angegebenen Tatzeit über den genannten Anschluss die vorgeworfenen Urheberechtsverletzungen begangen hat, so dass diesbezüglich nicht ohne weiteres ein hinreichender Tatverdacht bejaht werden kann.“
Somit sei der Antrag auf Akteneinsicht zurückzuweisen.
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Dieser Ansicht hat sich auch das LG München I mit Beschluss vom 12.03.2008 (Az.: 5 Qs 19/08 ) angeschlossen.
Die Entscheidung wird u.a. damit begründet, dass es nicht Aufgabe der Strafverfolgungsbehörden sei, die Geltendmachung bloßer zivilrechtlicher Ansprüche, ohne daß eine Straftat nachweisbar wäre, zu ermöglichen.
„Wie aus einer Vielzahl von Verfahren bekannt ist, und wie sich auch aus der Antragsbegründung erschließen lässt, richtet sich das Interesse der Antragstellerin nicht auf die Verfolgung von konkreten Urheberrechtsverletzern, sondern auf die Geltendmachung von zivilrechtlichen Ansprüchen gegen Inhaber von Netzzugängen, gleich ob diese selbst einen Urheberrechtsverstoß begangen haben oder nicht.
Sie sollen nämlich zivilrechtlich als sog. „Störer“ gem. § 97 Abs.1 UrhG in Anspruch genommen werden (Seite 7 des Antragsschriftsatzes).
Es ist jedoch nicht Aufgabe der Strafverfolgungsbehörden, die Geltendmachung bloßer zivilrechtlicher Ansprüche, ohne daß eine Straftat nachweisbar wäre, zu ermöglichen.
Einen Anscheinsbeweis, wie ihn die Antragstellerin zivilrechtlich für sich reklamieren will, kennt das Strafprozeßrecht nämlich nicht.“
Die „Auslieferung“ der Anschlußinhaber, für die im übrigen die Unschuldsvermutung des Art. 6 Abs.2 EMRK spricht, an die Antragstellerin liefe daher auf eine auch dem Zivilrechtprozeßrecht fremde „Ausforschung“ hinaus.“
Darüber hinaus fehle es in vielen Fällen auch an einem zivilrechtlichen Anspruch:
„Ein Anspruch aus § 97 Abs.1 UrhG gegen den Anschlußinhaber setzt entweder die eigenhändige Benutzung des Anschlusses oder zumindest dessen mangelhafte Überwachung voraus.
Anders als die Antragstellerin meint, ist der Inhaber einer Internetanschlusses trotz im Internet häufig vorkommender Urheberechtsverletzungen ohne das Vorliegen weiterer Anhaltpunkte nicht verpflichtet, Familienangehörige bei der Nutzung seines Anschlusses zu überwachen (OLG Frankfurt, Beschl. v. 20.12.07 – Az.: 11 W 58/07 mwN.).
In Betracht kommt überdies eine Nutzung des drahtlosen Anschlusses („WLAN“) durch außenstehende Dritte.
Eine zivilrechtliche Haftung des Anschlussinhabers ist damit nicht offenkundig sondern im Gegenteil fraglich.“
Da es sich im vorliegenden Fall um erotisch/pornographische Werke handelte, habe die Staatsanwaltschaft auch die Interessenabwägung gemäß § 406e Abs.2 StPO zutreffend vorgenommen:
„Die Nutzung dieser Werke dient der sexuellen Neugier und Befriedigung der jeweiligen Betrachter.
Die Offenlegung, daß sein Computer solche Werke speicherte, würde daher ganz erheblich in die Intimsphäre und damit sogar in den besonders geschützten Kernbereich der Persönlichkeitsrechte des Computerbesitzers eingreifen.“
Und weiter:
„Diesem erheblichen Eingriff stehen auf Seiten der Antragstellerin fragliche zivilrechtliche Ansprüche (s.o.) gegenüber.
Die von der Staatsanwaltschaft vorgenommene Abwägung, die informationelle Selbstbestimmung, das Fernmeldegeheimnis und Persönlichkeitsrechte der Anschlußinhaber höher zu bewerten, begegnet keinen Bedenken, zumal – wie ausgeführt – deren eigene strafrechtliche Verantwortlichkeit für den Urheberrechtsverstoß nicht bewiesen ist.
Dies gilt bereits, wenn (nur) ein einfacher Anfangsverdacht vorliegt (LG Stade, Beschl. v. 10.07.00 – Az.: 12 AR 1/00, StV 2001, 159) und umso mehr, wenn es bereits an diesem fehlt (vgl. auch LG Köln, Beschl. v. 29.06.04 – Az.: 106 37/04, StraFo 2005,78).“
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