OLG Hamm nimmt Stellung zu den Vorraussetzungen einer "Spitzenstellungs- bzw. Alleinstellungswerbung"…
Die Parteien betreiben Fachgeschäfte für Hörgeräteakustik.
Die Beklagte warb auf einem etwa 2 x 3 Meter großen Plakat an einer Ausfallstraße in S unter der Überschrift „Hörzentrum S“ mit der Abbildung ihres Geschäftsführers Dr. C und folgendem ihm in den Mund gelegten Text:
„Ich garantiere Ihnen die bestmögliche Hörgeräteversorgung in jeder Preisklasse bei uns im Hörzentrum.“
Mit anwaltlichem Schreiben hat die Klägerin die Beklagte wegen dieser Werbung abgemahnt, da sie die Werbung der Beklagten als irreführende Alleinstellungs- oder Spitzenstellungswerbung für wettbewerbswidrig gehalten hat.
Die Beklagte gab weder die geforderte strafbewehrte Unterlassungserklärung ab, noch zahlte sie die Anwaltskosten für die Abmahnung, worauf die Klägerin eine entsprechende Klage einreichte.
Mit der Klage hat sie die Beklagte auf Unterlassung dieser Werbung und auf Zahlung vorgerichtlicher Abmahnkosten in Höhe von 911,30 € in Anspruch genommen.
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Es hat in der beanstandeten Werbung eine „Spitzengruppenwerbung“ gesehen. Die Klägerin habe aber nicht beweisen können, dass sie inhaltlich unwahr sei.
Die Entscheidung des OLG Hamm
Das OLG Hamm gab der Berufung der Klägerin dagegen statt.
Ein Unterlassungsanspruch der Klägerin ergebe sich hier zunächst aus §§ 8 Abs. 1, 3, 5 UWG, weil die Plakatwerbung der Beklagten relevante irreführende Angaben über die Qualität ihrer Dienstleistungen in Form einer „Alleinstellungswerbung“ bzw. einer „Spitzenstellungswerbung“ zum Gegenstand gehabt habe. Das Gericht hielt die Werbung der Beklagten im vorliegenden Fall für wettbewerbsrechtlich unzulässig, da die Beklagte weder eine „Alleinstellungswerbung“ noch eine „Spitzenstellungswerbung“ im Prozess nachweisen konnte. Im Wesentlichen begründet das Gericht seine Ansicht wie folgt:
„Nach dem Urteil des Senats vom 27. Februar 2007 (4 U 164 / 06) liegt eine Alleinstellungswerbung dann vor, wenn sie von einem nicht unerheblichen Teil der angesprochenen Verkehrskreise so verstanden wird, als ob der Werbende für sich allein eine Spitzenstellung in Bezug auf die beworbene Dienstleistung in Anspruch nehmen wollte. Das kann hier der Fall sein, weil die Beklagte unter Verwendung des Superlativs die „bestmögliche“, also die beste Hörgeräteversorgung nicht nur anbietet, sondern sogar garantiert. Berücksichtigt man dabei noch die Werbeform im Sinne einer auffälligen und dauerhaften Plakatwerbung und die Einbeziehung des promovierten Dr. C als einer Kapazität, so ergibt sich, dass die angesprochenen Interessenten die Aussage nicht nur als eine überprüfbare Tatsachenbehauptung vollkommen ernst nehmen, sondern sogar meinen, die Hörgeräteversorgung durch die Beklagte stehe tatsächlich für sich, jedenfalls am Ort. Auch aus der Sicht der angesprochenen Patienten ist dabei eine etwaige Verbesserung des Hörvermögens durch Hörtests vor und nach der Behandlung durchaus messbar und damit nachprüfbar. Von der Wirkung der Werbung her werden die Leser der Anzeige somit veranlasst, nicht weiter zu suchen, sondern sich gleich zur Beklagten in ihr Hörzentrum zu begeben und sich die garantiert beste Versorgung durch Dr. C zu sichern. In diesem Zusammenhang könnte eine Alleinstellungswerbung vorliegen. Selbst wenn man aber die Werbung mit dem Landgericht so verstehen wollte, dass die Beklagte mit ihrer Hervorhebung als Garantin für die bestmögliche Hörgeräteversorgung eine Spitzenstellung nicht nur für sich allein, sondern zusammen mit anderen gleichfalls herausragenden Hörgeräteakustikunternehmen im Ort in Anspruch nehmen wollte, läge eine Spitzenstellungswerbung vor. Diese verlangt auch, dass die Beklagte (mit den anderen gleich guten Unternehmen) stetig Spitzenleistungen im Bereich der Hörgeräteversorgung erbringt. Auch dann wäre es aber Sache der Beklagten, die Tatsachen vorzutragen, die sie veranlasst hat, so vollmundig eine solche Zugehörigkeit zur Spitzengruppe zu behaupten.
Es kann letztlich unentschieden bleiben, ob eine Alleinstellungswerbung oder eine Spitzenstellungswerbung vorliegt. Denn in beiden Fällen hat die Beklagte die Richtigkeit einer solchen Behauptung nicht dargelegt.“
Der Ansicht des Landgerichts folgte das OLG Hamm aus folgenden Gründen nicht:
„Entgegen der Einschätzung des Landgerichts kann es für die so beworbene umfassende Spitzenstellung gerade nicht genügen, dass die Beklagte jedenfalls genauso gute Leistungen in diesem Bereich erbringt wie ihre Konkurrenten. Es müssten bessere Leistungen sein, um eine solche Spitzenstellungswerbung rechtfertigen zu können. Dazu hat die Beklagte nicht ausreichend vorgetragen.“
Neben dem wettbewerbsrechtlichen Verstoß, stellte das Gericht auch noch einen Verstoß gegen das Heilmittelwerbegesetz fest:
„Allerdings steht der Klägerin auch ein Unterlassungsanspruch aus § 3 Abs. 2 HWG wegen irreführender heilmittelrechtlicher Werbung zu, weil die Werbung für den Vertrieb von Hörgeräten als Medizinprodukte gemäß § 1 Abs. 1 Nr. 1 a HWG dem HWG unterliegt. Hörgeräte sind zugleich andere Mittel zur Linderung von Körperschäden im Sinne von § 1 Abs. 1 Nr. 2 HWG. Nach § 3 Abs. 2 lit a. HWG ist es unzulässig, bei der Werbung für solche Medizinprodukte den Eindruck zu erwecken, dass ein Erfolg mit Sicherheit zu erwarten sei. Die Beklagte verspricht zwar ausdrücklich keinen Erfolg. Betrachtet man aber die Werbung als Ganzes mit der Garantie der bestmöglichen Hörgeräteversorgung durch den promovierten Geschäftsführer, so kann der betroffene hörgeschädigte Verbraucher die vollmundige Anpreisung der Dienstleistung nicht anders verstehen als die Suggestion eines Erfolgs der entsprechenden Behandlung. Denn wenn die bestmögliche Versorgung im Hörzentrum von so kompetenter Seite versprochen wird, die von der Fachautorität fast einer Werbung unter Einbeziehung eines ärztlichen Beraters entspricht, meint der Verbraucher, dass er sich um den Erfolg der entsprechenden Versorgung nicht zu sorgen braucht. Er wird ihm als sicher suggeriert.“
Schließlich verurteilten die Richter die Beklagte auch zur Erstattung der Anwaltskosten für die Abmahnung in voller Höhe:
„Die Klägerin hat nach § 12 Abs. 1 Satz 2 UWG einen Anspruch darauf, dass ihr die in Höhe von 911,30 € entstandenen Abmahnkosten nebst Zinsen erstattet werden. Die geltend gemachten Kosten auf der Grundlage einer 1,3 fachen Gebühr und eines Streitwerts von 25.000,– € sind auch der Höhe nach angemessen.“
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