Bereits mehrfach haben Gerichte Zweifel an der Richtigkeit der IP-Adressermittlungen in Filesharing-Verfahren geäußert. Die Zweifel der Gericht sind nach unserer Ansicht auch durchaus berechtigt und beruhen dabei auf zahlreichen Verfahren aus der Vergangenheit, in welchen erhebliche Fehler bei der angeblich beweiskräftigen Ermittlung von mutmaßlichen Urheberrechtsverletzungen – insbesondere bei der Feststellung und Zuordnung von IP-Adressen – im Zusammenhang mit Filesharing-Verfahren bekannt geworden sind.
Nach Ansicht der Gerichte sind diese hohen Fehlerquoten nur mit Zuordnungsproblemen der Provider sowie Schwierigkeiten bei der Zeitnahme – sowohl beim ermittelnden Unternehmen als auch beim Provider – zu erklären (vgl. hierzu z.B. LG Stuttgart, Urteil vom 28.06.2011 – AZ 17 o 39/11; Beschluss des OLG Köln vom 10.02.2011, Az.: 6 W 5/11; AG Hamburg Altona, Urteil vom 11.12.2007, Az. 316 C 127/07; LG Frankenthal, Beschluss vom 06.03.2009, Az. 6 O 60/09; LG Köln, Beschluss vom 25.09.2008, Az.: 109-1/08). Auch Staatsanwaltschaften haben in einigen Verfahren in der Vergangenheit festgestellt, dass die Quote der definitiv nicht zuzuordnenden IP-Adressen deutlich über 50% aller angezeigten Fälle lag, wobei in einem besonders eklatanten Fall die Fehlerquote sogar über 90% betragen haben soll. Einige Gericht gehen auch derzeit noch – völlig zu Recht – erst dann von der Richtigkeit der Ermittlung der IP-Adresse bei Filesharing-Verstößen aus, wenn auf mehrere Ermittlungen zu einem Anschluss verwiesen werden kann.
In einem von unserer Kanzlei vertretenen Fall vor dem Amtsgericht Düsseldorf wurde ebenfalls lediglich ein einziger angeblicher Verletzungszeitpunkt ermittelt und im Prozess vorgetragen, woraufhin wir u.a. auch die Richtigkeit der IP-Adressermittlung bestritten haben. Mit Verfügung vom 19.08.2015 hat das AG Düsseldorf sodann einen entsprechenden Hinweis an die Klägerseite erteilt. Das Gericht äußert auch in diesem Fall Zweifel an der korrekten Ermittlung der IP-Adresse, da auch in diesem Verfahren nur ein einziger angeblicher Verletzungszeitpunkt ermittelt und vorgetragen wurde.
Sofern in einer Abmahnung demnach nur einen einziger angeblicher Verletzungszeitpunkt mitgeteilt wird, dürfte – aufgrund der Fehleranfälligkeit der IP-Adressermittlungen – keine „tatsächliche Vermutung“ mehr dafür sprechen, dass die Urheberrechtsverletzung auch über den Internetanschluss des Anschlussinhabers erfolgt ist. Im Falle einer Klage durch die Rechteinhaber steigen die Aussichten auf einen erfolgreichen Prozess bereits aus diesem Grund enorm an.