LG Koblenz: Eine Schadensersatzklage aufgrund eines „Schnäppchens“ bei Ebay kann rechtsmissbräuchlich sein…
Die Parteien streiten über die Wirksamkeit eines auf der Handelsplattform von eBay geschlossenen Kaufvertrages.
Der Beklagte stellte am 12.08.2008 einen Porsche 911/997 Carrera 2S Coupe mit Zubehör, ein. Das Fahrzeug mit Erstzulassung vom 16.04.2007 wies zu diesem Zeitpunkt eine Laufleistung von 5.800 km auf. Das Mindestgebot wurde auf 1,00 Euro festgesetzt.
Um 17:07:53 bot der Kläger für das Fahrzeug einen Betrag von 5,0 Euro.
Um 17:08:54 beendete der Beklagte durch Ausfüllen und Absenden des von eBay zur Verfügung gestellten Formulars „für das vorzeitige Beenden von Angeboten“ seine Auktion ohne Angabe von Gründen vorzeitig. Der Kläger war zu diesem Zeitpunkt mit seinem Gebot von 5,50 Euro Höchstbietender. Sein Maximalgebot lag bei 1,100 Euro. Durch die Beendigung der Auktion wurden die zu diesem Zeitpunkt abgegebenen Gebote des Klägers sowie die anderer Bieter gestrichen.
Die Auktion lief für einen Zeitraum von 8 Minuten.
Mit elektronischer Post vom 12.08.08 forderte der Kläger den Beklagten unter Fristsetzung von zwei Wochen auf, ihm mitzuteilen wann und wo er das streitgegenständliche Kfz abholen könne. Die Überweisung des Gebotsbetrages von 5,0 Euro auf ein vom Beklagten zu benennenden Konto bot der Kläger ausdrücklich an. Der Beklagte reagierte auf dieses Schreiben nicht.
Mit Schreiben vom 15.09.2008 erklärte der Beklagte schriftlich, dass ein Kaufvertrag nicht zustande gekommen sei. Vorsorglich erklärte er die Anfechtung eines möglicherweise zustande gekommenen Kaufvertrages.
Das LG Koblenz stellt zunächst fest, dass die Parteien einen wirksamen Kaufvertrag geschlossen haben:
„Die Parteien haben einen wirksamen Kaufvertrag gem. § 433 I BGB geschlossen. Der Beklagte hat des Fahrzeuges zwecks Durchführung einer Online-Auktion auf der Website von eBay und Freischaltung der Angebotsseite eingestellt. Darin liegt nach höchstrichterlicher Rechtsprechung die ausdrückliche Erklärung, er nehme bereits zu diesem Zeitpunkt das höchste wirksam abgegebene Kaufangebot an (BGHZ 149, 129 .“
Darüber hinaus stellte das Gericht fest, dass die Willenserklärung des Verkäufers weder rechtzeitig von ihm widerrufen worden war, noch ausreichende Gründe für eine Anfechtung des Vertrages vorgetragen worden waren.
Das Gericht wies die Klage dennoch als rechsmissbräuchlich ab:
„Der Beklagte unterlag bei Einstellung des Angebots einem (vorliegend für §§ 119 ff. BGB unbeachtlichen) Fehler. Diesen Fehler versuchte der Beklagte unverzüglich zu korrigieren. Er füllte noch vor Abgabe eines Gebots auf das eingestellte Kfz das „Formular für die frühzeitige Beendigung von Angeboten“ aus und sendete es an eBay. Die Auktion wurde daraufhin beendet. Dieser Vorgang dauerte ca. 8 Minuten. Der Kläger hatte in der Zwischenzeit bereits auf das Fahrzeug geboten.
Eine ebay Auktion dauert regelmäßig bis zu einer Woche. In dieser Zeit werden, insbesondere auf hochwertige Alltagsgegenstände, wie das vorliegende Kfz eine Vielzahl von Angebote abgegeben.
In den 8 Minuten zwischen Einstellung des Artikels und Beendigung der Auktion wurden auf den vom Beklagten eingestellten Artikel bereits zwei Gebote abgegeben. Das höhere Gebot von 5,50 Euro war zu diesem Zeitpunkt das des Klägers. Dass der Kläger nicht davon ausgehen konnte, dass sein Angebot von 5,50 Euro, das Höchstgebot für einen 1 Jahr alten Porsche 911/997 Carrera 2S mit einer Laufleistung von ca. 5000 km sein würde, ist offensichtlich. Der Kläger geht selbst von einem Marktwert für das Fahrzeug von mindestens 75.005,50 € aus.
Auch erscheint es dem Gericht offensichtlich, dass der Kläger nicht davon ausging das streitgegenständliche Kfz durch sein Höchstgebot von 1.100 € nach Ablauf der Auktion zu erwerben.
Die Nachfrage nach gebrauchten Kfz im Internet ist groß; neuwertige, dem vorliegenden Modell entsprechende Fahrzeuge des Herstellers Porsche erreichen regelmäßig Verkaufspreise von weit über 50.000 Euro. Das Höchstgebot des Klägers von 1.100 Euro auf den vom Beklagten eingestellten Artikel, der einen Neuwert von mehr als 105.000 Euro aufwies und nach eigener Schätzung des Klägers zum Zeitpunkt des Auktion mindestens 75.000 Euro betrug, war augenscheinlich und für den Kläger ersichtlich nicht ausreichend um diesen Artikel nach Ende der Auktion mit Höchstgebot zu erwerben.
Zwar kann die Diskrepanz zwischen erreichtem Preis und dem Wert eines Artikels in einem von Angebot und Nachfrage regierten Markt grundsätzlich nicht dazu führen, dass die Durchsetzung eines „Schnäppchens“ als rechtsmissbräuchlich angesehen wird. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn Verkäufer Artikel zur Versteigerung anbieten, für die es regelmäßig keinen Markt gibt. Dann kann die Nichterzielung des realen Wertes für einen Artikel nicht zum Nachteil des Bieters als rechtsmissbräuchlich ausgelegt werden (vlg. bei Veräußerung eines Rübenroders, OLG Köln, 08.12.2006). Sie liegt dann im Risikobereich des Verkäufers.
Im vorliegenden Fall besteht jedoch ein Markt für das vom Beklagten eingestellte Kfz. Nach Überzeugung des Gerichts ist es ausgeschlossen, dass vorliegend keine weiteren ernsthaften Gebote für das KFZ abgegeben worden wären. Der Kläger konnte nicht damit rechnen, dass er das Kfz für 1.100 Euro geschweige denn für 5,50 Euro ersteigern würde, hätte der Beklagte die Auktion bis zum Ende durchgeführt.
Ein „Schnäppchen“ für ein solches Kfz ist auch noch bei einem Preis von mehreren 10.000 Euro anzunehmen.
Der Kläger würde bei Anerkennung einer Schadensersatzpflicht dafür belohnt, dass der Beklagte in Annahme der Zulässigkeit und der Gebotenheit einer unmittelbaren Behebung des von ihm fehlerhaft oder unvollständig verfassten Angebotsschnellstmöglich und noch vor Abgabe etwaiger Gebote versuchte, die Auktion abzubrechen.
Hätte der Beklagte trotz des von ihm erkannten Fehlers die Auktion nicht beendet, wäre nach Überzeugung des Gerichts einen Preis erzielt worden, der ein Vielfaches des Höchstgebots des Klägers ergeben hätte.
Der Kläger ist vorliegend auch nicht der Willkür des Beklagten ausgesetzt gewesen.
Der Beklagte hat versucht unmittelbar nach Einstellung des Artikels und vor Abgabe jeglichen Gebotes die Auktion zu beenden. Die Tatsache, dass das Ausfüllen des Formulars und die Übersendung an das Auktionshaus, sowie die Bearbeitung durch die eBay insgesamt 8 Minuten in Anspruch nahm führen nicht dazu, dass dem Kläger hier willkürlich die Möglichkeit entzogen wurde, einen Porsche Carrera für 5,50 Euro zu erwerben. Diese Chance bestand von vornherein nicht.
Im Rahmen dieser Abwägung ist die Schadensersatzklage des Klägers als rechtsmissbräuchlich i.S.v. § 242 BGB anzusehen, mit der Folge, dass der Kläger den ihm zustehenden Schadensersatzanspruch nicht durchsetzen kann.
Die Klage war daher abzuweisen.“
Fazit: Dieses Urteil ist eine bittere Pille für den Kläger, da die Gerichte vergleichbare Fälle bisher doch zumeist für den Käufer entschieden haben. Das Urteil wirkt auch etwas konstruiert, da die Richter den letzten „Rettungsanker“ der Rechtsmissbräuchlichkeit bemühten. Bleibt abzuwarten, ob der Kläger in Berufung geht und ob zukünftig ähnliche Entscheidungen ergehen werden.
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