BGH entscheidet die umstrittene Frage, ob einfache Nutzungsrechte späterer Stufe bei einem Rückruf eines ausschließlichen Nutzungsrechts früherer Stufe bestehen bleiben…
Der Kläger im vorliegenden Fall ist Programmierer. Er hat behauptet, alleiniger Urheber des für Reifenhändler bestimmten Computerprogramms „Reifen Progressiv“ zu sein.
Die A. GmbH besaß das ausschließliche Nutzungsrecht an diesem Programm einschließlich der Berechtigung, es zu verändern und weiterzuentwickeln. Die A. GmbH hatte die P. AG mit dem Vertrieb und der Weiterentwicklung des Computerprogramms betraut.
Die A. GmbH räumte der Beklagten, einer Reifenhändlerin, gegen einmalige Zahlung eines bestimmten Betrages ein einfaches Nutzungsrecht an der Software ein und schloss mit ihr einen Programmwartungsvertrag, in dem sie sich verpflichtete, der Beklagten gegen Zahlung einer jährlichen Gebühr die jeweils neueste Version des Programms zur Verfügung zu stellen.
Nachdem die A. GmbH ihren Geschäftsbetrieb eingestellt und später Insolvenzantrag gestellt hatte, erklärte der Kläger gegenüber der A. GmbH gemäß § 41 UrhG den Rückruf des dieser eingeräumten ausschließlichen Nutzungsrechts.
Der Kläger war nun der Auffassung, mit dem wirksamen Rückruf des ausschließlichen Nutzungsrechts der A. GmbH sei auch das einfache Nutzungsrecht der Beklagten erloschen, so dass diese das Programm seitdem unbefugt nutze. Zudem verwende die Beklagte eine ohne seine Zustimmung durch die P. AG veränderte Version des Programms und verletze auch dadurch sein Urheberrecht.
Der Kläger nahm daher die Beklagte auf Unterlassung und Schadensersatz bzw. Herausgabe einer ungerechtfertigten Bereicherung in Höhe eines in das Ermessen des Gerichts gestellten Betrages in Anspruch.
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen (LG Köln GRUR-RR 2006, 357). Die Berufung ist ebenfalls ohne Erfolg geblieben (OLG Köln GRUR-RR 2007, 33).
Mit seiner vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgte der Kläger seinen Klageantrag vor dem BGH weiter.
Die Entscheidung des BGH
Der BGH hat die Revision des Klägers zurückgewiesen.
Der BGH kommt in dieser Entscheidung zu dem Ergebnis, dass die Beklagte das Urheberrecht des Klägers nicht dadurch verletzt hat, dass sie das Computerprogramm nach dem Rückruf des Nutzungsrechts der A. GmbH durch den Kläger weiter genutzt hat. Mit dem Wirksamwerden des Rückrufs sei zwar das ausschließliche Nutzungsrecht der A. GmbH, nicht aber das einfache Nutzungsrecht der Beklagten erloschen. Somit sei die Beklagte auch nach dem Rückruf zur Nutzung des Programms berechtigt.
Mit dieser Entscheidung hat der BGH die bisher in Rechtsprechung und Literatur höchst umstrittene Frage, ob Nutzungsrechte späterer Stufe bestehen bleiben, wenn das Nutzungsrecht früherer Stufe erlischt, nunmher geklärt.
Der BGH begründet seine Entscheidung im Wesentlichen wie folgt:
„Die Frage, ob beim Erlöschen eines vom Urheberrecht (dem „Mutterrecht“) abgespaltenen ausschließlichen oder einfachen Nutzungsrechts (des „Tochterrechts“) die davon abgeleiteten ausschließlichen oder einfachen Nutzungsrechte (die „Enkelrechte“) gleichfalls erlöschen oder bestehen bleiben, ist umstritten. Der Gesetzgeber hat für den Fall, dass der Inhaber des Rechts, der das Nutzungsrecht eingeräumt hat, auf sein Recht verzichtet, mit der durch das Gesetz zur Stärkung der vertraglichen Stellung von Urhebern und ausübenden Künstlern vom 22. März 2002 (BGBl. I, S. 1155) eingefügten Regelung des § 33 Satz 2 UrhG bestimmt, dass die von ihm eingeräumten ausschließlichen und einfachen Nutzungsrechte wirksam bleiben. Dem Vorschlag des sogenannten Professorenentwurfs, darüber hinaus in § 33 Satz 3 UrhG zu regeln, dass im Übrigen die Nutzungsrechte erlöschen, wenn das Recht, aufgrund dessen sie eingeräumt worden sind, wegfällt (GRUR 2000, 765, 766 und 775), hat der Gesetzgeber nicht entsprochen. Die Streitfrage, ob Nutzungsrechte späterer Stufe bestehen bleiben, wenn das Nutzungsrecht früherer Stufe erlischt, solle nicht präjudiziert werden, sondern der Rechtsprechung zur Klärung überlassen bleiben (vgl. Begründung des Gesetzentwurfs, BT-Drucks. 14/6433, S. 16). In der Rechtsprechung und im Schrifttum werden zu dieser Frage gegensätzliche Auffassungen vertreten:
aa) Nach einer Ansicht erlöschen mit dem Tochterrecht auch die Enkelrechte (OLG München in Schulze RzU OLGZ 248, 1, 3 ff. m. Anm. W. Norde-mann; OLG München FuR 1983, 605, 606 ff.; OLG Hamburg GRUR Int. 1998, 431, 435; GRUR 2002, 335, 336 f., dazu zustimmend Wandtke, EWiR 2001, 645 f.; LG Hamburg ZUM 1999, 858, 60, dazu zustimmend Schricker, EWiR 1999, 275 f.; Schulze in Dreier/Schulze, UrhG, 3. Aufl., § 33 Rdn. 10, § 35 Rdn. 16, § 41 Rdn. 37; Kotthoff in Dreyer/Kotthoff/Meckel, Urheberrecht, 2. Aufl., § 35 UrhG Rdn. 8; J.B. Nordemann in Fromm/Nordemann, Urheberrecht, 10. Aufl., § 31 UrhG Rdn. 34, § 41 UrhG Rdn. 40; Möhring/Nicolini/Spautz, UrhG, 2. Aufl., § 35 Rdn. 6; Schricker/Schricker, Urheberrecht, 3. Aufl., § 33 UrhG Rdn. 16, § 35 Rdn. 11; Schricker, Verlagsrecht, 3. Aufl., § 28 VerlG Rdn. 27; J.B. Nordemann in Loewenheim, Handbuch des Urheberrechts, § 26 Rdn. 31; Schack, Urheber- und Urhebervertragsrecht, 4. Aufl., § 16 Rdn. 556; Scheuermann, Urheber- und vertragsrechtliche Probleme der Videoauswertung von Filmen , S. 160 ff.; Lößl, Rechtsnachfolge in Verlagsverträge , S. 173 ff.; W. Nordemann, GRUR 1970, 174 ff.; Platho, FuR 1984, 135, 138; vgl. auch OLG Stuttgart FuR 1983, 393, 397; Wandtke/Grunert in Wandtke/Bullinger, UrhR, 3. Aufl., § 35 UrhG Rdn. 7 ff.; Ulmer, Urheber- und Verlags-recht, 3. Aufl., S. 467 f.; vgl. weiter zum Patentrecht RGZ 142, 168, 170 f.; Ull-mann in Benkard, PatG, 10. Aufl., § 15 Rdn. 107, m.w.N.). Diese Auffassung stützt sich vor allem auf folgende Erwägungen:
(1) Der das Urheberrecht beherrschende und dem Urheberschutz dienende Zweckbindungsgedanke gebiete es, dass mit dem ausschließlichen Nutzungsrecht auch die abgeleiteten Nutzungsrechte an den Urheber zurückfielen. Nach diesem allgemein anerkannten Rechtsgedanken, der in der Übertragungszweckregel des § 31 Abs. 5 UrhG zum Ausdruck komme, hätten die urheberrechtlichen Befugnisse die Tendenz, so weit wie möglich beim Urheber zu verbleiben, damit dieser in angemessener Weise an den Erträgnissen seines Werkes beteiligt werde. Hieraus folge, dass der Urheber nicht mehr Rechte vergebe, als es dem Zweck des schuldrechtlichen Geschäfts entspreche, und dass bei einem Fortfall des schuldrechtlichen Geschäfts und Erlöschen der vergebenen Rechte auch die von diesen Rechten abgeleiteten Nutzungsrechte an den Urheber zurückfielen (OLG Hamburg GRUR 2002, 335, 336 f.).
Ein Fortbestehen der abgeleiteten Nutzungsrechte würde – so wird geltend gemacht – die Rechte des Urhebers gegenüber den Rechten der Nutzungsberechtigten schwächen. So müsste der Urheber, der dem Lizenznehmer wegen Nichtzahlung der Lizenzgebühren gekündigt und dessen ausschließliches Lizenzrecht zum Erlöschen gebracht hätte, es hinnehmen, dass der Sublizenznehmer sein Werk weiter nutzte und der Lizenznehmer hierfür Lizenzgebühren erhielte; ihm bliebe nur die Möglichkeit, den Lizenznehmer auf Beendigung des Lizenzvertrages mit dem Sublizenznehmer, auf Abtretung der Rechte aus diesem Vertrag oder auf Schadensersatz in Anspruch zu nehmen. Er habe jedoch ein berechtigtes wirtschaftliches Interesse, mit dem Sublizenznehmer gegebenenfalls selbst einen neuen Lizenzvertrag zu schließen (Schricker, Verlagsrecht aaO). Zudem könnte der Urheber, der trotz des Rückfalls des ausschließlichen Nutzungsrechts den Fortbestand eines einfachen Nutzungsrechts zu dulden hätte, einem Dritten nur ein mit dem einfachen Nutzungsrecht belastetes ausschließliches Nutzungsrecht einräumen. Dies würde seine Möglichkeiten zur Verwertung seines Werkes wesentlich einschränken (Kotthoff in Dreyer/Kotthoff/Meckel aaO).
(2) Ferner folge aus dem Grundsatz, dass niemand mehr Rechte vergeben könne, als er selbst besitze, und dem Umstand, dass es im Urheberrecht keinen gutgläubigen Erwerb von Rechten gebe, dass mit der Berechtigung des Inhabers des ausschließlichen Nutzungsrechts auch die Berechtigung des Inhabers des abgeleiteten Nutzungsrechts ende. Da das Enkelrecht nur eine Teilbefugnis aus dem Tochterrecht sei, erlösche es gemeinsam mit diesem. Der Erwerber des Enkelrechts werde in seinem Glauben an das Fortbestehen des Tochterrechts nicht geschützt (Kotthoff in Dreyer/Kotthoff/Meckel aaO; Schricker, Verlagsrecht aaO; J.B. Nordemann in Loewenheim aaO; Schack aaO).
(3) Der Sublizenznehmer werde durch einen Rückfall seiner Nutzungsrechte an den Urheber nicht unzumutbar benachteiligt. Da der Lizenzvertrag des Sublizenznehmers mit dem Lizenzgeber trotz des Entfallens des Lizenzrechts bestehen bleibe, könne der Sublizenznehmer dem Anspruch des Lizenzgebers auf Zahlung von Lizenzgebühren die Einrede des nichterfüllten Vertrags entgegenhalten und vom Lizenzgeber gegebenenfalls Schadensersatz wegen Nichterfüllung beanspruchen. Darüber hinaus sei es dem Sublizenznehmer unbenommen, sich durch Vereinbarungen mit dem Lizenzgeber oder dem Urheber gegen die Folgen eines vorzeitigen Fortfalls seines Lizenzrechts abzusichern (Möhring/Nicolini/Spautz aaO; Schricker, Verlagsrecht aaO; J.B. Norde-mann in Loewenheim aaO). Schließlich sei es möglich, den Sublizenznehmer durch vertragliche Regelungen zwischen dem Urheber und dem Lizenzgeber zu schützen (vgl. Schricker, Verlagsrecht aaO; Ulmer aaO; zur Vertragsgestaltung J.B. Nordemann in Fromm/Nordemann aaO § 31 UrhG Rdn. 36 ff.; Wente/Herle, GRUR 1997, 96, 99 ff.); beispielsweise könne vereinbart werden, dass bei einer Beendigung des Nutzungsrechts erster Stufe das Nutzungsrecht zweiter Stufe fortbestehe (vgl. BGH, Urt. v. 28.11.1985 – I ZR 89/83, ZUM 1986, 278 – Alexis Sorbas, und § 2 Abs. 5 lit. c Halbsatz 2 des zwischen dem Verband deutscher Schriftsteller in der IG Medien und dem Börsenverein des Deutschen Buchhandels e.V. vereinbarten Normvertrags für den Abschluss von Verlagsverträgen vom 19. Oktober 1978 in der ab 1. April 1999 gültigen Fassung, wonach der Bestand bereits abgeschlossener Lizenzverträge vom Erlöschen des Verlagsrechts unberührt bleibt) oder der Urheber verpflichtet sei, dem Lizenznehmer die Nutzung zu den bisherigen Bedingungen für die vereinbarte Laufzeit zu gestatten (so § 2 Abs. 5 Satz 2 Halbsatz 1 der zwischen dem Börsenverein des Deutschen Buchhandels und dem Deutschen Hochschulverband vereinbarten Musterverträge für wissenschaftliche Verlagswerke in der Fassung des Jahres 2000).
bb) Nach anderer Ansicht bleiben jedenfalls bei einem vorzeitigen Fortfall des früheren Nutzungsrechts die späteren Nutzungsrechte bestehen. So soll zumindest bei einer außerordentlichen Beendigung des der Bestellung des Nutzungsrechts erster Stufe zugrunde liegenden schuldrechtlichen Vertrags – etwa durch einvernehmliche Aufhebung oder durch einseitige Lossagung in Form von Kündigung, Rücktritt oder Rückruf – und einem damit einhergehenden vorzeitigen Wegfall des Nutzungsrechts erster Stufe – sei es durch Erlöschen, Rückfall oder Rückeinräumung – das Nutzungsrecht zweiter Stufe bestehen bleiben (Haberstumpf in Büscher/Dittmer/Schiwy, Gewerblicher Rechtsschutz, Urheberrecht, Medienrecht, § 35 UrhG Rdn. 4; ders., Handbuch des Urheberrechts, 2. Aufl. Rdn. 418; ders. in Haberstumpf/Hintermeier, Einführung in das
Verlagsrecht , § 22 IV 2 d; ders. in FS Hubmann , S. 127, 140 ff.; Sieger, FuR 1983, 580, 585 ff.; Schwarz/Klingner, GRUR 1998, 103, 110 ff.; Beck, Der Lizenzvertrag im Verlagswesen , S. 82 ff.; v. Hase, Der Musikverlagsvertrag , S. 44 ff.; Karow, Die Rechtsstellung des Subverlegers im Musikverlagswesen , S. 82 ff.; Lange, Der Lizenzvertrag im Verlagswesen , S. 92 ff.; Wohlfahrt, Das Taschenbuchrecht , S. 147 ff.; vgl. auch Wandtke/Grunert in Wandtke/Bullinger aaO § 35 UrhG Rdn. 9).Diese Ansicht stützt sich vor allem auf die Interessenlage, die einen Schutz des Sublizenznehmers gebiete. Der Sublizenznehmer werde durch ein vorzeitiges Erlöschen seines Nutzungsrechts regelmäßig empfindlich getroffen, weil er das Recht nicht bis zum vorgesehenen Ablauf der Nutzungsfrist verwerten könne. Er könne daher möglicherweise nicht einmal die Aufwendungen ausgleichen, die er für den Erwerb und zur Vorbereitung der Verwertung des Nutzungsrechts gehabt habe. Der Sublizenznehmer könne zudem die Ursache für die außerordentliche Auflösung des zwischen dem Urheber und dem Lizenznehmer geschlossenen Vertrags und die vorzeitige Beendigung des früheren Nutzungsrechts regelmäßig weder beeinflussen noch vorhersehen. Es wäre unbillig, wenn er aufgrund von Umständen, die er nicht zu verantworten habe und auf die er sich nicht einstellen könne, sein Nutzungsrecht verlöre und erhebliche wirtschaftliche Nachteile erlitte.
b) Jedenfalls für den hier zu beurteilenden Fall des wirksamen Rückrufs eines ausschließlichen Nutzungsrechts nach § 41 UrhG teilt der Senat die auch vom Berufungsgericht vertretene zuletzt genannte Ansicht, dass die vom ausschließlichen Nutzungsrecht abgeleiteten einfachen Nutzungsrechte nicht an den Urheber zurückfallen (ebenso Haberstumpf in Büscher/Dittmer/Schiwy aaO § 41 UrhG Rdn. 7; Kotthoff in Dreyer/Kotthoff/Meckel aaO § 41 UrhG Rdn. 17; a.A. Schulze in Dreier/Schulze aaO § 41 Rdn. 37; J.B. Nordemann in Fromm/Nordemann aaO § 41 UrhG Rdn. 40; Wandtke in Wandtke/Bullinger aaO § 41 UrhG Rdn. 28; Schack aaO § 16 Rdn. 556; vgl. zur Entscheidung des Berufungsgerichts auch die ablehnenden Anmerkungen von Scherenberg, CR 2007, 8 ff. und Haupt, jurisPR-WettbR 12/2006, Anm. 6).
aa) Mit dem Gedanken der Zweckbindung der Nutzungsrechtseinräumung (vgl. etwa BGH, Urt. v. 22.1.1998 – I ZR 189/95, GRUR 1998, 680, 682 – Comic-Übersetzungen, m.w.N.) lässt sich zwar begründen, weshalb das Erlöschen des zwischen dem Urheber und dem Nutzungsberechtigten geschlossenen Verpflichtungsgeschäfts zu einem Rückfall des auf dessen Grundlage eingeräumten Nutzungsrechts führt. Daraus ist aber nicht ohne weiteres zu schließen, dass zugleich die vom ersten Nutzungsberechtigten eingeräumten weiteren Nutzungsrechte an den Urheber zurückfallen. Die Einräumung dieser weiteren Nutzungsrechte hat ihre Grundlage nicht in der zwischen dem Urheber und dem ersten Nutzungsberechtigten, sondern in einer zwischen diesem und Verpflichtungsgeschäfts dem zweiten Nutzungsberechtigten geschlossenen Vereinbarung. Das Erlöschen des ersten hat grundsätzlich nicht das Erlöschen dieser weiteren Vereinbarung zur Folge.
bb) Aus dem Grundsatz, dass niemand mehr Rechte vergeben kann, als er selbst besitzt, und dem Umstand, dass es im Urheberrecht keinen gutgläubigen Erwerb von Rechten gibt, lässt sich gleichfalls nicht herleiten, dass mit der Berechtigung des Inhabers eines Nutzungsrechts auch die Berechtigung des Inhabers eines davon abgeleiteten Nutzungsrechts endet. Vom Zeitpunkt der Beendigung des Vertrags und des Erlöschens des Nutzungsrechts an ist zwar der bis dahin Nutzungsberechtigte nicht mehr berechtigt, weitere Nutzungsrechte einzuräumen, und auch ein gutgläubiger Dritter nicht imstande, ein Nutzungsrecht von ihm zu erwerben. Dies steht jedoch der Annahme nicht entgegen, dass der spätere Wegfall der Berechtigung des Verfügenden die Wirksamkeit seiner früheren Verfügungen unberührt lässt und die wirksam eingeräumten Enkelrechte rechtlich selbständig und vom Fortbestand des Tochterrechts unabhängig sind (vgl. Sieger aaO; Beck aaO S. 86 f.; v. Hase aaO S. 45; Karow aaO S. 85; Lange aaO S. 96). Das Berufungsgericht hat zutreffend darauf hingewiesen, dass die Regelung des § 33 Satz 2 UrhG, wonach die ausschließlichen und einfachen Nutzungsrechte wirksam bleiben, wenn der Inhaber des Rechts, der das Nutzungsrecht eingeräumt hat, auf sein Recht verzichtet, erkennen lässt, dass der Verlust eines Nutzungsrechts nach der Vorstellung des Gesetzgebers nicht zum Entfallen der daraus abgeleiteten Nutzungsrechte führen muss.
Entgegen der Ansicht der Revision hat das Berufungsgericht nicht übersehen, dass im Streitfall die Nutzungsrechtsüberlassung Dauerleistungscharakter hat und der Lizenzgeber nach dem Erlöschen seines Nutzungsrechts nicht mehr die Rechtsmacht hat, seinem Lizenznehmer das Nutzungsrecht weiterhin zu vermitteln (vgl. W. Nordemann, GRUR 1970, 174, 175). Das einfache Nutzungsrecht hat – wie auch das ausschließliche Nutzungsrecht – keinen schuldrechtlichen, sondern dinglichen Charakter (Schricker/Schricker, Urheberrecht, vor §§ 28 ff. UrhG Rdn. 49 m.w.N. auch zur Gegenansicht). Der Lizenzgeber muss dem Lizenznehmer das Nutzungsrecht daher nicht während der Dauer des Lizenzverhältnisses fortwährend in seinem Bestand vermitteln, vielmehr ist das Enkelrecht nach seiner Abspaltung vom Tochterrecht von dessen Fortbestand unabhängig (vgl. Wohlfahrt aaO S. 151).
cc) Bei der gebotenen Abwägung der – oben unter II 1 a dargestellten – Interessen des Urhebers einerseits und des Sublizenznehmers andererseits ist im Falle eines – hier gegebenen – Rückrufs von Nutzungsrechten nach § 41 UrhG die dieser Bestimmung zugrunde liegende Wertung zu berücksichtigen. Die Vorschrift des § 41 Abs. 5 UrhG regelt zwar allein, dass mit dem Wirksamwerden eines Rückrufs das zurückgerufene Nutzungsrecht erlischt; ob die aus dem zurückgerufenen Nutzungsrecht abgeleiteten Nutzungsrechte erlöschen oder fortbestehen, ist in § 41 UrhG dagegen nicht ausdrücklich bestimmt. Die dieser Regelung zu entnehmende gesetzliche Wertung spricht jedoch dafür, dass beim wirksamen Rückruf eines ausschließlichen Nutzungsrechts wegen Nichtausübung die davon abgeleiteten einfachen Nutzungsrechte bestehen bleiben.
Nach § 41 Abs. 1 Satz 1 UrhG kann der Urheber ein ausschließliches Nutzungsrecht zurückrufen, wenn dieses von seinem Inhaber nicht oder nur unzureichend ausgeübt wird und dadurch berechtigte Interessen des Urhebers erheblich verletzt werden. Da die Bestimmung nicht zwischen ausschließlichen Nutzungsrechten erster oder späterer Stufe unterscheidet, kommt es nicht darauf an, ob der Urheber selbst das ausschließliche Nutzungsrecht vergeben oder der Inhaber eines ausschließlichen Nutzungsrechts seinerseits das ausschließliche Nutzungsrecht als ein Recht zweiter oder späterer Stufe eingeräumt hat. Der Urheber kann den Rückruf daher auch gegenüber dem Inhaber eines abgeleiteten ausschließlichen Nutzungsrechts erklären. Mit dem Wirksamwerden des Rückrufs fällt ein solches ausschließliches Nutzungsrecht weiterer Stufe unmittelbar an den Urheber zurück (Schricker/Schricker, Urheberrecht aaO § 41 UrhG Rdn. 11 m.w.N.).
Gegenstand des Rückrufs kann nach Wortlaut sowie Sinn und Zweck der Regelung allerdings stets nur ein ausschließliches Nutzungsrecht sein. Das Rückrufsrecht wegen Nichtausübung nach § 41 UrhG dient dem ideellen Interesse des Urhebers am Bekanntwerden seines Werkes (vgl. Begründung des Regierungsentwurfs, BT-Drucks. IV/270, S. 60) und seinem materiellen Interesse an dessen Verwertung (Schricker/Schricker, Urheberrecht aaO § 41 UrhG Rdn. 4 m.w.N. auch zur Gegenansicht, die § 41 UrhG allein dem Urheberpersönlichkeitsrecht zuordnet). Ein einfaches Nutzungsrecht versperrt dem Urheber nicht eine anderweitige Nutzung und steht daher einer Verwertung und einem Bekanntwerden seines Werkes nicht entgegen (Schricker/Schricker, Urhe-berrecht aaO § 41 UrhG Rdn. 11 m.w.N.).
Der Urheber wird beim wirksamen Rückruf eines ausschließlichen Nutzungsrechts demnach nicht übermäßig in einer Nutzung seines Rechts beeinträchtigt, wenn die vom ausschließlich Nutzungsberechtigten erteilten einfachen Nutzungsrechte fortbestehen. Diese hindern ihn nicht daran, aufgrund des an ihn zurückgefallenen ausschließlichen Nutzungsrechts neue Nutzungsrechte zu vergeben. Da er der Erteilung weiterer Nutzungsrechte durch den Inhaber des ausschließlichen Nutzungsrechts zugestimmt hat (§ 35 Abs. 1 Satz 1 UrhG), muss er es hinnehmen, dass sein ausschließliches Nutzungsrecht beim Rückfall mit einfachen Nutzungsrechten belastet ist.
2. Die Revision macht weiterhin geltend, die Beklagte habe das Urheberrecht des Klägers dadurch verletzt, dass sie bearbeitete bzw. umgearbeitete Versionen der Software „Reifen Progressiv“ benutze, ohne dass diesen Bearbeitungen bzw. Umarbeitungen eine auf den Kläger als Berechtigten zurückzuführende Legitimationskette zugrunde liege. Die Vorinstanzen hätten den Vortrag des Klägers nicht zur Kenntnis genommen, dass in der Zeit von September 2001 bis Juli 2003 nicht die A. GmbH, sondern die hierzu auf keinen Fall befugte P. AG Änderungen an der Software bei der Beklagten vorgenommen habe. Damit hat die Revision ebenfalls keinen Erfolg.
Das Landgericht, auf dessen Ausführungen das Berufungsgericht sich zur Begründung seiner Annahme, die Beklagte habe das Urheberrecht des Klägers auch nicht infolge von Veränderungen des Programms und seiner Versionen verletzt, bezogen hat, hat den von der Revision als übergangen gerügten Vortrag des Klägers auf den Seiten 28 und 29 seines Schriftsatzes vom 11. Oktober 2005 nicht unberücksichtigt gelassen. Die Ausführungen, die der Kläger in diesem Schriftsatz – nach seiner dortigen Darstellung lediglich „colorandi causa“ – zu Veränderungen des Quellcodes durch „die Beklagte“ gemacht hat, betreffen, wie das Landgericht zutreffend angenommen hat, erkennbar nicht die Beklagte des vorliegenden Rechtsstreits, sondern die P. AG, gegen die der Kläger in einem Vorprozess ein Unterlassungsurteil erstritten und anschließend wegen eines Verstoßes gegen die Unterlassungsverpflichtung ein Ordnungsmittelverfahren eingeleitet hatte. Mit den vom Kläger in diesem Schriftsatz behaupteten Veränderungen am Quellcode, die der Zeuge N. im Auftrag „der Beklagten“ – also der P. AG – bei dem Unternehmen Reifen S. bis einschließlich September 2003 vorgenommen haben soll, hat die Beklagte demnach bereits nach dem eigenen Vorbringen des Klägers nichts zu tun.“
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