Fernabsatz: Neue Regelungen zum Widerrufsrecht des Verbrauchers ab dem 11.6.2010…
Am 11.6.2010 ist das Gesetz zur Umsetzung der Verbraucherkreditrichtlinie, des zivilrechtlichen Teils der Zahlungsdiensterichtlinie sowie zur Neuordnung der Vorschriften über das Widerrufs- und Rückgaberecht in Kraft getreten. Im Zuge dessen wurden die Regelungen zum Widerrufsrecht (bzw. Rückgaberecht) des Verbrauchers im Fernabsatz geändert. Im Wesentlichen ist es für Ebay-Händler nunmehr möglich, ebenfalls ein 14-tägiges Widerrufsrecht einzuräumen und Wertersatz für eine Verschlechterung der Ware augrund einer bestimmungsgemäßen Ingebrauchnahme der Ware zu verlangen. Darüber hinaus haben sich auch einige Vorschriften hinsichtlich der fernabsatzrechtlichen Informationspflichten des Unternehmers geändert, so dass die bisherigen Musterbelehrungen zwingend der neuen Rechtslage anzupassen sind. Bei weiterer Verwendung der bis zum 11.6.2010 gültigen Musterbelehrungen, drohen Online-Händlern wettbewerbsrechtliche Abmahnungen wegen falscher Verbraucherbelehrungen.
Im Einzelnen…
Voraussetzungen für ein 14-tägiges Widerrufsrecht und Wertersatz…
Bis zum 11.6.2010 musste für ein 14-tägiges Widerrufsrecht sowie einen Wertersatz für die Verschlechterung der Ware aufgrund der bestimmungsgemäßen Ingebrauchnahme die Widerrufsbelehrung spätestens bei Vertragsschluss in Textform (z.B. per e-Mail) erfolgen. Diese Regelung wurde ab dem 11.6.2010 erweitert. Vorraussetzungen für die 14-tägige Widerrufsfrist bzw. den Wertersatz ist ab dem 11.6.2010, dass dem Verbraucher spätestens bei Vertragsschluss oder unverzüglich nach Vertragsschluss eine Widerrufsbelehrung in Textform (z.B. per E-Mail) übersendet wird. Erfolgt die Belehrung in Textform nicht unverzüglich nach Vertragsschluss, beträgt die Frist weiterhin einen Monat. Demnach reicht nunmehr die unverzügliche Übersendung der Widerrufsbelehrung in Textform nach Vertragsschluss aus. Dies muss allerdings auch sichergestellt werden, da anderenfalls eine Widerrufsfrist von einem Monat eingeräumt werden muss und auch kein Wertersatz für die Verschlechterung der Ware aufgrund der bestimmungsgemäßen Ingebrauchnahme verlangt werden kann.
Damit ist es für Ebay-Händler nun möglich, ebenfalls ein 14-tägiges Widerrufsrecht einzuräumen und Wertersatz für eine Verschlechterung der Ware augrund einer bestimmungsgemäßen Ingebrauchnahme der Ware zu verlangen. Ebay hat bereits angekündigt, dass ab Juli 2010 die in „Mein Ebay“ bzw. im Verkaufsformular im Feld „Rücknahmebedingungen“ angegebene Widerrufs- oder Rückgabebelehrung des Verkäufers in die E-Mail zum Angebotsende integriert wird. Somit dürfte zumindest ab Juli 2010 bei Ebay sichergestellt sein, dass dem Käufer die Widerrufsbelehrung unverzüglich nach Vertragsschluss in Textform übersendet wird. Einige Verkäufertools (z.B. Afterbuy) ermöglichen die unverzügliche Übersendung der Widerrufsbelehrung bereits jetzt. Sofern Sie die Übersendung einer Widerrufs- oder Rückgabebelehrung unverzüglich nach Vertragsschluss nicht gewährleisten können, empfehlen wir Ihnen bis zur Umsetzung in der e-Mail zum Angebotsende durch Ebay selber dafür zu sorgen, dass der Käufer unverzüglich nach Vertragsschluss die Widerrufsbelehrung in Textform erhält. Ist dies nicht möglich oder bestehen Unsicherheiten sollte bis zur reibungslosen Umsetzung der Vorgaben durch Ebay ein Widerrufsrecht von einem Monat gewährt werden und auf den Wertersatz für eine Verschlechterung der Ware augrund einer bestimmungsgemäßen Ingebrauchnahme der Ware verzichtet werden, um das Risiko einer wettbewerbsrechtlichen Abmahnung auszuschließen.
Bei anderen Verkaufsplattformen kommt es nun auf die konkrete Gestaltung des Verkaufsvorgangs an. Es ist in jedem Einzellfall zu prüfen, ob die Übersendung einer Widerrufs- oder Rückgabebelehrung bei Vertragsschluss in Textform oder spätestens unverzüglich nach Vertragsschluss sichergestellt werden kann. Nur wenn dies gewährleistet ist, kann der Unternehmer dem Verbraucher ein 14-tägiges Widerrufsrecht einräumen und Wertersatz für eine Verschlechterung der Ware augrund einer bestimmungsgemäßen Ingebrauchnahme der Ware zu verlangen. Ist dies nicht gewährleistet oder bestehen Unsicherheiten, sollte dem Verbraucher ein Widerrufsrecht von einem Monat eingeräumt werden und auf Wertersatz für eine Verschlechterung der Ware augrund einer bestimmungsgemäßen Ingebrauchnahme der Ware verzichtet werden.
Mehr Rechtssicherheit für Online-Händler aufgrund gesetzlicher Musterbelehrungen…
Darüber hinaus gibt es auch neue Muster für die Widerrufs- bzw. Rückgabebelehrung, welche nunmehr in die Anlage 1 zu Artikel 246 § 2 Abs. 3 Satz 1 EGBGB aufgenommen wurden. § 360 Abs. 3 BGB n.F. bestimmt dann auch, dass der Händler seinen Pflichten zur Belehrung des Verbrauchers über das Widerrufsrecht ordnungsgemäß nachkommt, wenn er die neuen Musterbelehrungen verwendet:
„Die dem Verbraucher gemäß § 355 Abs. 3 Satz 1 mitzuteilende Widerrufsbelehrung genügt den Anforderungen des Absatzes 1 und den diesen ergänzenden Vorschriften dieses Gesetzes, wenn das Muster der Anlage 1 zum Einführungsgesetz zum Bürgerlichen Gesetzbuche in Textform verwendet wird.“
Da die neuen Musterbelehrungen nunmehr Gesetzesrang genießen, können diese von Gerichten nicht mehr beanstandet und als unzulässig bzw. abmahnfähig beurteilt werden. Insofern gibt es nun mehr Rechtssicherheit – zumindest bei korrekter Verwendung der neuen Musterbelehrungen – für Online-Händler.
Bisherige Musterbelehrungen bedürfen zwingend der Anpassung – anderenfalls drohen Abmahnungen…
Mit Inkrafttreten der neuen Regelungen zum 11.6.2010 dürfen die bis dahin gültigen Musterbelehrungen nicht mehr verwendet werden. Die Vorschriften in denen die fernabsatzrechtlichen Informationspflichten geregelt sind, sind ebenfalls geändert worden. Nunmehr finden sich die relevanten Informationspflichten des Unternehmers im Fernabsatz in Artikel 246 § 2 in Verbindung mit § 1 Abs. 1 und 2 EGBGB sowie in § 312e Abs. 1 Satz 1 BGB in Verbindung mit Artikel 246 § 3 EGBGB. Bisher waren die für die Belehrung relevanten Informationspflichten des Unternehmers im Fernabsatz in § 312c Abs. 2 BGB in Verbindung mit § 1 Abs. 1,2 und 4 BGB-InfoV sowie in § 312e Abs. 1 Satz 1 BGB in Verbindung mit § 3 BGB-InfoV geregelt. Mit Änderung der Vorschriften müssen auch die Widerrufs- bzw. Rückgabebelehrungen diesbezüglich angepasst werden, anderenfalls sind die bisherigen Musterbelehrungen fehlerhaft. Bei Verwendung der bisherigen Musterbelehrungen nach dem 11.6.2010 drohen Online-Händlern somit Abmahnungen wegen fehlerhafter Verbraucherbelehrungen.
Abgegebene Unterlassungserklärung, einstweilige Verfügungen oder rechtskräftige Urteile sind auch nach Änderung der Rechtslage zu beachten…
Sofern in der Vergangenheit wegen einer fehlerhaften Widerrufsbelehrung eine strafbewehrte Unterlassungserklärung abgegeben wurde bzw. eine einstweilige Verfügung oder ein rechtskräftiges Urteil gegen Sie ergangen ist, dürfen die neuen Muster nicht ohne eine entsprechende Prüfung übernommen werden. Da es sich bei der Abgabe einer Unterlassungserklärung um einen Unterlassungsvertrag zwischen 2 Parteien handelt, bleibt die vereinbarte Verpflichtung zur Unterlassung und zur Zahlung einer Vertragsstrafe bei Verletzung der Unterlassungsverpflichtung grundsätzlich auch nach Inkrafttreten der neuen Rechtslage wirksam. Sollte durch die Verwendung der neuen Musterwiderrufsbelehrung gegen die Unterlassungsverpflichtung verstoßen werden, droht somit die Verwirkung der vereinbarten Vertragsstrafe. Gegebenenfalls ist die abgegebene Unterlassungserklärung kündbar, was allerdings einer sorgfältigen Prüfung vor Ingebrauchnahme der neuen Musterbelehrungen bedarf.
Fazit: Zum einen wurde durch die Gesetzesänderung der Misstand beseitigt, dass Ebay-Händler eine Widerrufsfrist von einem Monat anstatt 14 Tage einräumen müssen und bei einer Verschlechterung der Ware aufgrund bestimmungsgemäßer Ingebrauchnahme keinen Wertersatz verlangen können. Zum anderen wurde für Online-Händler generell mehr Rechtssicherheit durch die Aufnahme der Musterbelehrungen in ein formelles Gesetz geschaffen. Bei korrekter Verwendung der neuen Musterbelehrungen dürften Abmahnungen wegen fehlerhafter Widerrufs- bzw. Rückgabebelehrungen zukünftig ausscheiden. Allerdings sind die bisherigen Musterbelehrungen auch zwingend der neuen Rechtslage anzupassen. Da es keine Übergangsfrist gibt, drohen bei weiterer Verwendung der bisherigen Belehrungen nach dem 11.6.2010 Abmahnungen wegen fehlerhafter Verbraucherbelehrungen.
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