LG Bochum zur Rechtsmissbräuchlichkeit einer "Gegenabmahnung"…
Im vorliegenden Fall hat das LG Bochum entschieden, dass eine wettbewerbsrechtliche Gegenabmahnung dann rechtsmissbräuchlich ist, sofern es demjenigen der die Gegenabmahnung ausspricht, nicht vorrangig um die Eindämmung unlauterer Wettbewerbspraktiken gehe. Dies sei dann der Fall, wenn außergerichtlich angeboten werde, dass im Falle eines Vergleichs über die Kosten keine Unterlassungserklärung hinsichtlich des abgemahnten Wettbewerbsverstoses mehr gefordert werde.
Im wesentlichen begründet das Gericht sein Urteil wie folgt:
„Die Forderung des Klägers ist auch nicht infolge Aufrechnung erloschen. Denn die Geltendmachung der mit den Abmahnungen verfolgten Unterlassungsansprüche ist als missbräuchlich im Sinne des § 8 Abs. 4 UWG anzusehen. Ein Rechtsmissbrauch im Sinne des § 8 Abs. 4 UWG liegt vor, wenn das beherrschende Motiv des Gläubigers die Verfolgung sachfremder Ziele ist. Davon ist bei einer Gesamtbetrachtung aller Umstände im Zusammenhang mit den Abmahnungen vom 29.06.2010 und 10.08.2010 auszugehen. Hinsichtlich der Abmahnung vom 29.06.2010 fällt auf, dass sie Verstöße zum Gegenstand hat, die am 12.06.2010, also gerade einmal einen Tag nach Inkrafttreten der geänderten gesetzlichen Bestimmungen, erkannt worden sind. Dem Wettbewerber ist damit nicht einmal eine kurze Zeit eingeräumt worden, sein Angebot auf die Neuregelungen umzustellen. Die einmal festgestellten Verstöße sind dann nicht sonderlich zügig verfolgt worden, sondern es ist im Schreiben vom 29.06.2010 eine Frist bis zum 15.07.2010 gesetzt worden. Dieses zeitliche Vorgehen ist für sich genommen zwar nicht zu beanstanden, bemerkenswert ist aber, dass die Kostenforderung mit derselben Dringlichkeitsstufe versehen worden ist. Zur Verteidigung des angesetzten – für sich genommen auch nicht zu beanstandenden – Streitwertes ist dann fälschlich auch eine Entscheidung des Bundesgerichtshofes herangezogen worden, die zu einem anderen Rechtsgebiet gehört. Nur mit dieser, in Wahrheit Markenrecht betreffenden Entscheidung ließ sich der vom Beklagten angesetzte „Mittelwert“ (vgl. Bl. 150 d.A.) rechtfertigen. Noch deutlicher zeigt die Abmahnung vom 10.08.2010, dass es dem Beklagten nicht vorrangig um die Eindämmung unlauterer Wettbewerbspraktiken ging. Denn mit kaum zu überbietender Deutlichkeit wurde am Ende der Abmahnung selbst ausgeführt, dass die Abmahnung nur dem Zweck diente, einen Kostenerstattungsanspruch des Klägers begegnen zu können. Ausdrücklich wird insoweit erklärt, dass im Falle eines Vergleichs über die Kosten keine Unterlassungserklärung mehr gefordert werden würde. Dies heißt nichts anderes, als dass dem Beklagten die Verfolgung der Wettbewerbsverstöße gleichgültig war, solange er für eigene Verstöße nicht bezahlen musste. Ins Bild passt schließlich, dass der Beklagte seinen mit der Abmahnung vom 10.08.2010 verfolgten Unterlassungsanspruch, nachdem der Kläger den Vergleichsvorschlag nicht angenommen hatte, nicht mehr weiter verfolgt hat. Da die Geltendmachung der Unterlassungsansprüche somit als rechtsmissbräuchlich anzusehen ist, besteht auch kein Anspruch auf Erstattung der durch die Abmahnung entstandenen Kosten. Damit steht dem Beklagten keine aufrechenbare Gegenforderung zu. Die Klage musste daher Erfolg haben.“
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