OLG Köln: Eine vorformulierte Klausel, durch die der Kunde sein Einverständnis mit unbestimmter telefonischer Werbung, Werbung per E-Mail oder per SMS erklärt, ist unwirksam und damit abmahnfähig…
In diesem Rechtsstreit veranstaltete die Beklagte auf ihrer Internetseite ein Gewinnspiel. Um an diesem Gewinnspiel teilnehmen zu können, musste sich der jeweilige Teilnehmer durch Anhaken einer Checkbox mit den Teilnahmebedingungen des Veranstalters (im vorliegenden Fall die Beklagte) einverstanden erklären. Darüber hinaus bot der Veranstalter den Teilnehmern durch Anhaken einer weiteren Queckbox die Möglichkeit, sie „telefonisch/per eMail/SMS/Post über interessante Angebote – auch durch Dritte und Partnerunternehmen – zu informieren.“ Darüber hinaus wurde darauf hingewiesen, dass die Einverständniserklärung jederzeit widerrufen werden könne und dies auch unabhängig von der Gewinnspielteilnahme sei.
Der Kläger hielt nun diese Einwilligungserklärung für eine unwirksame Allgemeine Geschäftsbedingung und forderte die Beklagte zur Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung auf.
Die Beklagte lehnte die Abgabe der strafbewehrten Unterlassungserklärung ab. Sie vertrat die Ansicht, die Klausel unterfalle keiner Inhaltskontrolle, da sie keine Allgemeine Geschäftsbedingung sei. Jedenfalls halte die Klausel einer Inhaltskontrolle stand, insbesondere weil sie durch ihre Ausgestaltung als „Opt-in“-Klausel dem Verbraucher die freie Wahl lasse, ob er seine Einwilligung erteilen wolle oder nicht.
Die Entscheidung des OLG Köln:
Das OLG Köln stellte zunächst fest, dass es sich bei einer solchen Einwilligungsklausel um eine Allgemeine Geschäftsbedingung handelt und somit diese Klausel der AGB-Kontrolle nach den §§ 305 ff. BGB unterfalle:
„Zutreffend hat das Landgericht die streitgegenständliche Klausel als Allgemeine Geschäftsbedingung eingeordnet. Dem steht weder die in der Rechtsnatur einer Einwilligungserklärung liegende Einseitigkeit noch der Umstand entgegen, dass die Klausel als sog. „Opt-in“-Erklärung ausgestaltet ist.
§§ 305 ff. BGB sind ihrem Schutzzweck entsprechend auch auf vom Verwender vorformulierte einseitige Erklärungen des anderen Teils anzuwenden, die im Zusammenhang mit einem Vertragsverhältnis stehen (BGH GRUR 2008, 1010, 1011 – Payback; BGH GRUR 2000, 818, 819 – „Telefonwerbung VI“). Entscheidend ist, dass der Verwender – wie im vorliegenden Fall – bei der abzugebenden Erklärung die rechtsgeschäftliche Gestaltungsfreiheit für sich in gleicher Weise in Anspruch nimmt wie bei der Vorformulierung eines Vertragstextes, und dass der Kunde nur darauf, ob er die Erklärung abgeben will, nicht aber auf ihren Inhalt Einfluss hat (BGH GRUR 2000, 818, 819 – „Telefonwerbung VI“). Ob wegen dieses durch den Bundesgerichtshof herausgestellten Schutzzwecks möglicherweise auch solche vorformulierten einseitigen Erklärungen, die unabhängig von einem anderweitigen Vertragsschluss erfolgen, der AGB-Kontrolle unterliegen, bedarf hier keiner Entscheidung, denn die Beklagte hat das von ihr durchgeführte Gewinnspiel so gestaltet, dass ein Vertragsverhältnis entsteht. Denn der Verbraucher muss, um an dem Gewinnspiel teilnehmen zu können, die Teilnahmebedingungen durch Anklicken akzeptieren; auf der anderen Seite gibt die Beklagte ein Gewinnversprechen ab. Damit liegt ein zweiseitiges Rechtsgeschäft vor.
An der Einordnung der Klausel als Allgemeine Geschäftsbedingung ändert auch der Umstand nichts, dass die Einwilligung erst durch das individuelle Markieren eines entsprechenden Feldes abgegeben wird (sog. „Opt-in“-Klausel). Dies steht entgegen der Ansicht der Beklagten insbesondere nicht einem Stellen der Allgemeinen Geschäftsbedingung i.S.d. § 305 Abs. 1 S. 1 BGB entgegen, wenn, wie hier, die Klausel vorformuliert ist und der Interessent keinen Spielraum hinsichtlich ihrer inhaltlichen Gestaltung hat (vgl. BGH a.a.O. – „Telefonwerbung VI“). Als nicht der AGB-Kontrolle unterliegende Individualvereinbarung könnte allenfalls eine solche Gestaltung angesehen werden, bei welcher der Interessent zwischen klar als gleichwertig präsentierten Alternativen wählen kann (vgl. Staudinger/Schlosser, BGB, Neubearbeitung 2006, § 305 Rn. 38). Dabei dürfte dem Kunden die Wahl einer der Alternativen nicht suggestiv nahegelegt werden (Staudinger/Schlosser, a.a.O.). Jedenfalls daran fehlt es. In der konkret angegriffenen Gestaltung sind dem Verbraucher bereits keine gleichwertigen Alternativen zum Ankreuzen präsentiert worden. Zudem wird die Entscheidung, das Feld anzukreuzen, durch die Formulierung „Ja, ich bin damit einverstanden …“ als vorzugswürdig suggeriert.“
Zudem vertrat das Gericht die Ansicht, dass die Klausel gemäß § 307 Abs. 1 S. 1 BGB unwirksam sei, da sie den Teilnehmer entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteilige. Die unangemessene Benachteiligung ergebe sich jedenfalls aus der inhaltlichen Reichweite der vorformulierten Einwilligungserklärung:
„Nach der Rechtsprechung des IV. Zivilsenates (BGH NJW 1999, 2279, 2282) sowie des XI. Zivilsenates des Bundesgerichtshofes (BGHZ 141, 124, 128 = NJW 1999, 1864 f.) schließt der Schutz der Privatsphäre wegen der mit Werbeanrufen verbundenen massiven Beeinträchtigungen eine Einwilligung in die Telefonwerbung durch Allgemeine Geschäftsbedingungen generell aus. Ob dieser Auffassung uneingeschränkt zuzustimmen ist oder der Auffassung der Vorzug gebührt, dass nur diejenige vorformulierte Einverständniserklärung zu einer unangemessenen Benachteiligung führt, die auch über die Belange des bereits bestehenden bzw. des konkret anzubahnenden Vertrages hinausgehende Werbung umfasst (vgl. BGH GRUR 2000, 818, 820 – „Telefonwerbung VI“; OLG Köln WRP 2008, 1130 = GRUR-RR 2008, 316 und Urteil vom 5.12.2008 – 6 U 114/08, nicht veröffentlicht; ebenso Hefermehl/Köhler/Bornkamm, Wettbewerbsrecht, 27. Aufl., § 7 Rn. 140), kann der Senat offenlassen. Die angegriffene Klausel hält nämlich auch unter Zugrundelegung der letztgenannten Rechtsauffassung einer Inhaltskontrolle nicht stand. Die Formulierung der Klausel ist so allgemein gehalten, dass sie „interessante Angebote“ aus jedem Waren- und Dienstleistungsbereich erfasst. Ein Bezug zu dem konkreten Gewinnspiel wird nicht hergestellt. Zugleich beansprucht das Einverständnis Geltung nicht nur für den Verwender, sondern auch für „Dritte und Partnerunternehmen“. Die streitgegenständliche Klausel erlaubt somit die Bewerbung aller möglichen Waren und Dienstleistungen durch einen nicht überschaubaren Kreis von Unternehmen. Dadurch ist für den Verbraucher insbesondere nicht erkennbar, wer sich ihm gegenüber auf seine der Beklagten erteilte Einwilligung berufen kann.“
Die Unangemessenheit wird auch nicht dadurch ausgeräumt, dass die vorformulierte Einverständniserklärung jederzeit widerruflich ist (so aber Graf von Westphalen, BB 1999, 1131, 1132; Imping, MDR 1999, 857), denn damit wird die Initiative zur Wiederherstellung der ungestörten Privatsphäre in unzulässiger Weise auf den Betroffenen verlagert (BGHZ 141, 124, 129 = NJW 1999, 1864, 1865; BGH NJW 1999, 2279, 2282).“
und weiter…
„Darüber hinaus ergibt sich eine unangemessene Benachteiligung aus einem Verstoß gegen das Transparenzgebot gemäß § 307 Abs. 1 S. 2 BGB. Treu und Glauben verpflichten den Verwender Allgemeiner Geschäftsbedingungen, die Rechte und Pflichten seines Vertragspartners möglichst klar und durchschaubar darzustellen, damit dieser sich bei Vertragsschluss hinreichend über die rechtliche Tragweite der Vertragsbedingungen klar werden kann (BGH NJW-RR 2008, 615, Tz. 12). Dem genügt die Klausel nicht. Die Formulierung „interessante Angebote“ ist auch für den durchschnittlich informierten, aufmerksamen und verständigen Kunden nicht klar und eindeutig. Schon der Gegenstand etwaiger Angebote ist nicht bestimmt. Dem kann nicht mit dem Argument begegnet werden, dass die Klausel Werbung für alles erlaube und damit für den aufgeklärten Verbraucher eben doch transparent sei. Denn die Klausel bezieht sich nicht auf sämtliche, sondern nur auf interessante Angebote. Im Erläuterungstext ist dies dahin beschrieben, dass „die personenbezogene Nutzung ausschließlich auf die Organisationen und Unternehmen aus den verschiedensten Branchen beschränkt“ wird, die den „erkennbaren Interessen und Wünschen“ des Kunden entgegenkommen. Auch diese Erläuterung erhellt den Umfang der Einschränkung nicht. Letztlich wird daher dem Verbraucher eine Einschränkung und damit ein Schutz seiner Privatsphäre vorgespiegelt, der – jedenfalls bei der gebotenen kundenfeindlichsten Auslegung – faktisch nicht existiert.“
Im Ergebnis wurde die Beklagte somit zur Unterlassung der Verwendung der streitigen Klausel verurteilt.
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