Usenet – Provider haftet als “Cache-Provider” nicht für Urheberrechtsverletzungen der User…
…wie das OLG Düsseldorf mit Urteil vom 15.01.2008 (Az.: I-20 U 95/07) entschieden hat.
Das Gericht wies zwar darauf hin, dass der Usenet – Provider zwar ursächlich an der Verbreitung urheberrechtsverletzender Informationen beteiligt sei, sobald diese über dessen Newsserver abgerufen werden. Diese bloße Kausalität der Zugangsvermittlung und der Rechtsverletzung sei aber für eine (Störer-)Haftung nicht ausreichend. Zusätzlich erfordere die (Störer-)Haftung die Verletzung einer Prüfpflicht, deren Einhaltung dem Usenet – Provider im Einzelfall auch möglich und zumutbar sein müsse. Das Gericht verneinte jedoch im vorliegenden Fall die Verletzung von Prüfungspflichten durch den Usenet – Provider. Der Usenet – Provider sei als Cache-Provider im Sinne des § 9 TMG anzusehen und er habe deshalb wesentlich geringere Möglichkeiten, eine Störung abzustellen, als ein Host-Provider im Sinne von § 10 TMG:
„Das Gericht konnte keine für eine Störerhaftung erforderliche Verletzung von Prüfpflichten erkennen. Der Aufwand für eine Prüfung muss nämlich verhältnismäßig sein. Der Diensteanbieter muss dabei nicht jeden nur denkbaren Aufwand betreiben, um die Nutzung rechtswidriger Inhalte zu vermeiden. Vielmehr muss die Bedeutung des Einzelfalls und der erforderliche technische und wirtschaftliche Aufwand sowie die Auswirkungen auf andere Teile des Dienstes gesehen werden.
Bezüglich der fremden Nachrichten, also solchen, die von Nutzern des Usenet, nicht aber Kunden der Antragsgegnerin stammen, wovon auch beim streitgegenständlichen Musiktitel auszugehen ist, ist die Antragsgegnerin als sog. Cache-Providerin zu qualifizieren. Die von fremden Usenet-Nutzern eingespeisten Nachrichten werden nämlich nur nach einer Anforderung durch einen der Nutzer der Antragsgegnerin zwischengespeichert. Die Antragstellerin hat die technischen Angaben der Antragsgegnerin zur Einordnung ihrer Dienste als Caching nicht bestritten, auch nicht nach der eingehenden Erörterung der technischen Gegebenheiten in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat. Die fremden Nachrichten sind bis zur Anforderung nur ohne Inhalt in Form der „Header“ auf dem Server der Antragsgegnerin vorhanden. Dieser „Header“ enthält alle Informationen, die für den Transport der Nachrichten benötigt werden und ist vergleichbar mit einem Link. Der konkrete Inhalt der fremden Nachrichten („Body“) wird aber erst nach einer Kundenanfrage auf den Server geladen und dann 32 Stunden gespeichert. Bei einer solchen zeitlich begrenzten Speicherung handelt es sich um „Caching“ gern. § 9 TMG (Hoffmann, MR 2002, 284 (287)), Dabei wird man eine genaue zeitliche Grenze nicht ziehen können; allerdings verlängert sich der von § 9 TMG erfasste Zeitraum der Zwischenspeicherung durch eine erneute Abfrage der Nachricht (Spindler/Schmitz/Geis § 10 TDG Rn. 4). Die von der Antragsgegnerin durchgeführte Zwischenspeicherung dient alleine der beschleunigten Übermittlung der Daten, da die Nachrichten ohnehin auf anderen Servern gespeichert sind.
Auch das Bestreiten der Antragstellerin, dass die Inhalte von fremden Nachrichten nur 32 Stunden vorgehalten werden, ändert an der Beurteilung nichts. Selbst wenn man nämlich von einer Vorhaltezeit von 30 Tagen ausgehen würde, läge dies noch im Anwendungsbereich des § 9 TMG, da die Spiegelung der Inhalte des Usenet auf verschiedensten Servern weltweit einer effizienten Übermittlung an die Nutzer des jeweiligen Newsservers dient.
Bei Cache-Providern nach § 9 TMG bestehen aber wesentlich geringere Möglichkeiten, eine Störung abzustellen, als bei Host-Providem. Das Usenet als weltweites Netzwerk basiert auf Diskussionsforen und ist aufgrund der Vernetzung mit dem herkömmlichen Internet vergleichbar. Eine Verpflichtung, die den Betrieb von United Ncwsserver – jedenfalls soweit rechtsverletzende Inhalte betroffen sind – untersagt, legt jedoch in letzter Konsequenz den Betreibern eine allgemeine Überwachungspflicht auf, die sie als reine Cache-Provider überhaupt nicht zu leisten in der Lage sind. Demgemäß beschränkt das Landgericht die Verpflichtung in der Begründung des Urteils zwar richtigerweise auf bekannte Fälle. Mit seinem Antrag verfolgt der Antragsteller jedoch das weitergehende Ziel, die Antragsgegnerin zu verpflichten, die Verbreitung künftiger Postings zu unterlassen. Um dies zu gewährleisten. müsste die Antragsgegnerin das Usenet ständig daraufhin überprüfen, oh der genannte Beitrag erneut erscheint und gegebenenfalls seine Verbreitung unterbinden. Dies ist nach Auffassung des Senats der Antragsgegnerin nicht zuzumuten.
Nicht berücksichtigt hat das Landgericht bei seiner Entscheidung, dass es der Antragsgegnerin selbst kaum möglich ist, rechtsverletzende fremde Inhalte aus dem Usenet zu löschen. Anders als bei Internetforen kann der Betreiher eines Newsservers, welcher die Daten des Usenet aufgrund des „Mirrorings“ redundant speichert, nicht endgültig aus dem Usenet entfernen. Er kann nur diejenigen Daten löschen, die auf seinem eigenen Server zwischengespeichert sind. Bei einer neuen Anforderung eines Nutzers hingegen werden die Daten wieder auf den Server übertragen. Dies ist so lange möglich, wie die betreffende Nachricht noch im Usenet abrufbar ist. Eben deshalb bestehen bei Anbietern nach dem § 9 TMG wesentlich geringere Möglichkeiten, eine Störung abzustellen als bei bspw. Host-Providern nach § 10 TMG (vgl. Spindler in Spindler/Schmitz/Geis, TDG, § 9 Rn. 32 m.w.N.).
Die Antragsgegnerin selbst verfügt aber über keine speziellen technischen Hilfsmittel, um Binärdateien, die in das Usenet gestellt werden, aufzufinden. Sie kann hierzu lediglich – wie auch alle anderen Nutzer – nur von den gängigen Suchmaschinen, also „Newsreadern“ Gebrauch machen. Der Antragsgegnerin ist es aufgrund des enormen Datenvolumens, der Textkodierung von binären Inhalten, und der Tatsache, dass der Provider keinen Einfluss auf das Einstellen und Verbreiten von Inhalten im Usenet hat, nicht zumutbar, sämtliches urheberrechtlich geschütztes Material von legalen Inhalten zu unterscheiden und den Zugang dazu zu unterbinden. Eine genügend engmaschige Überwachung für eine mögliche Fülle von zu erwartenden Verletzungen ist ihr wirtschaftlich daher gar nicht möglich, denn dem Verfügungsbeklagten ist es als bloßer Cache-Provider nicht zumutbar, alle Daten händisch zu durchsuchen und zu filtern.“
Hinzu kommt, dass die Antragstellerin selbst technisch in der Lage ist, mit einfachen Mitteln urheberrechtsverletzende Postings zu löschen. Das Usenet lässt seit der Verabschiedung der technischen Regulierung RFC1036 im Dezember 1987 sog. „Fremdcancel“ (Anlage AG2) zu. Dafür steht das Konzept der so genannten Cancel-Messages zur Verfügung. Ursprünglich ist das Konzept dazu gedacht, dass ein Autor seine eigene Nachricht durch eine Cancel-Message wieder aus dem Usenet entfernen kann. Dazu muss er eine spezielle Nachricht ins Usenet einstellen. Diese Nachricht enthält bestimmte Informationen im Header, welche sie als Cancel-Message deklarieren. Des Weiteren enthält eine solche Nachricht Informationen über die Nachricht, die gelöscht werden soll (Message-ID), Absender der zu löschenden Nachricht, Absender der Cancel-Message und noch einige andere. Diese Cancel-Message wird nach Absenden im Usenet verteilt und sorgt dafür, dass die Nachricht weltweit auf den Newsservern gelöscht wird. Das setzt allerdings eine entsprechende Konfiguration der Newsserver voraus. Da jeder Admin seinen Newsserver selbst konfigurieren kann, liegt es auch in seiner Entscheidungsgewalt, wie der Server auf Cancel-Messages reagieren soll. Die Antragsgegnerin hat in der mündlichen Verhandlung unwidersprochen erklärt, dass ihr Dienst einen Fremdcancel zulasse. Insofern hatte es die Antragstellerin in der Hand, mit einem solchen „Cancel“ den streitgegenständlichen Musiktitel von den Servern der Antragsgegnerin und darüber hinaus von vielen weiteren Usenetrechnern zu entfernen.“
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