LG Hamburg nimmt Stellung zur Zulässigkeit einer Vorfälligkeitsklausel in AGB…
Im vorliegenden Fall bietet die Beklagte ihren Vertragspartnern gegen Entgelt eine Vertragsoptimierung in den Bereichen Strom, Mobilfunk, Festnetz und Versicherungen sowie Rabattleistungen und die Teilnahmemöglichkeit an Gewinnspielen an. Der Kläger, ein Verbraucherschutzverein, mahnte die Beklagte nun wegen der Verwendung des letzten Satzes der nachfolgenden Klausel in ihren Allgemeinen Geschäftsbedinungen ab:
„Falls der Vertrag nicht innerhalb der Widerrufsfrist widerrufen wird, läuft er zunächst zwei Jahre und verlängert sich dann automatisch um jeweils ein Jahr, falls er nicht spätestens 3 Monate vor Ablauf schriftlich gekündigt wird. Eine Kündigung aus wichtigem Grund bleibt jeder Partei vorbehalten. Die Servicegebühr beträgt aktuell EUR 79,90 pro Quartal bzw. EUR 29,90 pro Monat, ist zu Beginn des jeweiligen Leistungszeitraums fällig und wird vom angegebenen Konto eingezogen. Geht eine Lastschrift aus vom Kunden zu vertretenden Gründen zurück, werden die bis zum Ende der Vertragslaufzeit fälligen Servicegebühren sofort fällig.“
Die Beklagte gab zwar hinsichtlich anderer beanstandeter Klauseln eine Unterlassungsverpflichtungserklärung ab, verteidigte jedoch den Bestand der zuvor angegebenen Klausel, woraufhin der Kläger die Beklagte vor dem LG Hamburg auf Unterlassung in Anspruch nahm.
Die Entscheidung des Gerichts
Das Gericht folgte der Ansicht des Klägers und erklärte die vorliegende Klausel gemäß § 307 Abs.1 S.1, Abs.2 Nr.1 BGB für unwirksam, da sie den Verbraucher entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteilige, weil sie mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung, von der abgewichen wird, nicht zu vereinbaren sei.
Im Wesentlichen begründete das Gericht seine Ansicht wie folgt:
„Die von der Beklagten mit ihren Kunden geschlossenen Verträge sind Verträge eigener Art, die im Wesentlichen einen Geschäftsbesorgungscharakter haben. Die Art der Geschäftsbesorgung steht dabei dem Wesen eines Dienstvertrages näher als dem eines Werkvertrages, da die Beklagte im Kern ihrer Tätigkeit kein Werk im Sinne eines Erfolges schuldet. Soweit die Beklagte ihren Kunden Einsparungen und Gewinne garantiert, ist der Vertrag einem eigenständigen Garantievertrag vergleichbar. Sowohl beim Dienst- als auch beim Werkvertrag sieht das Gesetz vor, dass die Vergütung bzw. der Werklohn nach der Leistung der Dienste bzw. nach Abnahme des Werks zu entrichten ist (§§ 614, 641BGB). Von diesem Grundgedanken weicht die in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Beklagten enthaltene Regelung ab, da vorgesehen ist, dass die vom Vertragspartner zu entrichtende Servicegebühr jeweils zu Beginn des definierten Leistungszeitraums von einem Quartal oder einem Monat fällig wird. Diese Regelung ist nicht streitgegenständlich. Die beanstandete Klausel beinhaltet nun aber, dass diese Vorleistungspflicht des Kunden sofort fällig werden soll, wenn eine Lastschrift aus vom Kunden zu vertretenden Gründen zurück geht. Sie entfernt sich damit erneut weiter von dem gesetzlichen Leitbild der Vergütungsregelung.
Bei der Frage, ob diese Klausel wirksam ist, gilt im Verbandklageverfahren der Grundsatz der kundenfeindlichsten Auslegung (Hefermehl / Köhler / Bornkamm, Unlauterer Wettbewerb-Gesetz, 26. Auflage, § 1 UKlaG Rz. 4). Für die Entscheidung ist damit nicht maßgeblich, wie die Klausel von der Beklagten tatsächlich angewendet wird, sondern wie sie unter Zugrundelegung eines kundenfeindlichen Maßstabs ausgelegt werden kann.
Dem Wortlaut der Klausel nach zu urteilen, reicht es für die sofortige Fälligkeit aller während des Vertragszeitraums anfallender sogenannter Servicegebühren aus, dass vom Konto des Schuldners aus Gründen einfacher Fahrlässigkeit eine einzige Lastschrift nicht sofort eingezogen werden konnte. Das bedeutet konkret, dass der Schuldner auch bei einfacher Fahrlässigkeit im Fall einer monatlichen Zahlungsweise sofort bis zu EUR 687,70 (23 x EUR 29,90) zu zahlen hat, ohne dass er bereits eine entsprechende Gegenleistung erhalten hat. Denn die von der Beklagten zu erbringende Gegenleistung erstreckt sich auf die gesamte Laufzeit des Vertrags. Die sofortige Fälligkeit tritt auch dann ein, wenn der Vertragspartner nur eine einzige Zahlung nicht vertragsgerecht erbracht hat. Damit wird der Vertragspartner über Gebühr belastet. Ihm wird insbesondere entgegen der gesetzlich vorgesehen Risikoverteilung das volle Insolvenzrisiko der Beklagten aufgebürdet, ohne dass ihm im Gegenzug Ansprüche eingeräumt werden. Darüber hinaus wird es dem Vertragspartner infolge der Vorfälligkeit der zu zahlenden Servicegebühren faktisch erschwert, gegebenenfalls vom Vertrag zurückzutreten, ihn zu widerrufen oder zu kündigen. Denn es obliegt dann dem Vertragspartner, dafür Sorge zu tragen, dass die von ihm für die Zukunft bereits geleisteten Zahlungen rückerstattet werden. Dies birgt die Gefahr, dass der Vertragspartner davon abgehalten werden könnte, seine Rechte geltend zu machen. Schließlich weicht die beanstandete Klausel auch insoweit von wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung ab, als auch die gesetzlichen Bestimmungen für den Verzugsfall keine Vorfälligkeit vorsehen.“
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